Schwingende 2D-Materialien

Zweidimensionale Materialien sind Hoffnungsträger für viele technische Anwendungen. Ein internationales Forschungsteam hat erstmals ermittelt, wie stark 2D-Materialien schwingen, wenn sie mit Licht angeregt werden.

Aktuelle elektronische Bauteile in Computern, Handys und vielen weiteren Geräten beruhen auf mikrostrukturierten Siliziumträgern. Bei dieser Technologie sind jedoch die physikalischen Grenzen des Machbaren und die kleinstmöglichen Strukturgrößen fast erreicht.

Als neue Hoffnungsträger werden darum zweidimensionale (2D) Materialien intensiv erforscht. Man kann sich diese Materialien wie extrem dünne Folien vorstellen, die aus nur einer Schicht von Atomen bestehen. Am bekanntesten ist Graphen, eine atomar dünne Graphit-Schicht. Für deren Entdeckung erhielten Andre Geim und Konstantin Novoselov 2010 den Nobelpreis für Physik.

Während Graphen rein aus Kohlenstoff besteht, gibt es zahlreiche andere 2D-Verbindungen, die sich durch besondere optische und elektronische Eigenschaften auszeichnen. Unzählige potentielle Anwendungen dieser Verbindungen werden aktuell erforscht, etwa für den Einsatz in Solarzellen, in der Mikro- und Optoelektronik, in Verbundwerkstoffen, der Katalyse, in verschiedensten Arten von Sensoren und Lichtdetektoren, in der biomedizinischen Bildgebung oder beim Transport von Medikamenten im Organismus.

Lichtenergie kann 2D-Materialien zum Schwingen bringen

Für die Funktion dieser 2D-Verbindungen nutzt man deren besondere Eigenschaften aus. „Dabei ist es wichtig zu wissen, wie sie auf Anregung mit Licht reagieren“, sagt Professor Tobias Brixner, Leiter des Lehrstuhls für Physikalische Chemie I an der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg.

Prinzipiell werden 2D-Materialien genauso wie gewöhnliche Silizium-Solarzellen elektronisch angeregt, wenn ausreichend Lichtenergie auf sie trifft. Allerdings kann die Energie die atomar dünne Schicht zugleich in Schwingungen versetzen. Das wiederum beeinflusst die optoelektronischen Eigenschaften.

Exziton-Phonon-Kopplungsstärke ist schwer zu bestimmen

Bislang war unbekannt, wie stark Licht solche Schwingungen in einem 2D-Material bei Raumtemperatur anregt. Nun ist es einem Team um Tobias Brixner in einer internationalen Kooperation gelungen, erstmals in einem 2D-Material – und zwar in einem „Übergangsmetalldichalcogenid“ – bei Raumtemperatur die Stärke der Schwingungsanregung bei Lichtabsorption zu bestimmen.

„Diese im Fachjargon Exziton-Phonon-Kopplungsstärke genannte Größe ist schwierig zu ermitteln, da bei Raumtemperatur das Absorptionsspektrum sehr stark ‚ausgeschmiert‘ ist und keine einzelnen Spektrallinien getrennt werden können“, sagt der JMU-Physiker und Physikochemiker.

Postdoc entwickelte kohärente 2D-Mikroskopie

Nun aber hat Postdoktorand Dr. Donghai Li in Würzburg die Methode der „kohärenten 2D-Mikroskopie“ entwickelte. Sie verknüpft die räumliche Auflösung eines Mikroskops mit der Femtosekunden-Zeitauflösung ultrakurzer Laserpulse und mit der mehrdimensionalen Frequenzauflösung. Damit konnte Li den Einfluss der Schwingungen quantifizieren.

Brixner erläutert: „Überraschenderweise zeigte sich, dass im untersuchten Material die Exziton-Phonon-Kopplungsstärke viel größer ist als in herkömmlichen Halbleitern. Diese Erkenntnis ist hilfreich bei der Weiterentwicklung von 2D-Materialien für konkrete Anwendungen.“

Die Mitglieder des internationalen Forschungsteams

An der Studie, die am 11. Februar 2021 im Fachmagazin Nature Communications erschienen ist, waren Forschungsteams um Andrea Ferrari vom Graphene Center der Cambridge University (UK), Giancarlo Soavi vom Abbe Center of Photonics der Universität Jena und Giulio Cerullo vom Politecnico di Milano (Italien) beteiligt.

 

(Quelle: Julius-Maximilians-Universität Würzburg)

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