Die DGM trauert um Prof. em. Dr.-Ing. Dr. h.c. Erhard Hornbogen

Am 16. April 2020 hat Erhard Hornbogen, der Gründer des Instituts für Werkstoffe der Fakultät für Maschinenbau der Ruhr-Universität Bochum, uns für immer verlassen, nachdem er am 2. Februar dieses Jahres noch seinen 90sten Geburtstag feiern konnte. Seine letzten Jahre hat er in einem Seniorenheim in Potsdam in der Nähe der Familie seines Sohnes verbracht. Er war geistig noch rege, wenn er auch nicht mehr so reisen konnte wie früher, als er in der ganzen Welt unterwegs war.

 

So kam er zur Feier des 50-jährigen Jubiläums unseres Instituts im September 2018 nicht mehr persönlich, schickte aber Grüße. Noch im November 2019, nach der 100-Jahrfeier der Deutschen Gesellschaft für Materialkunde (DGM), konnte man ihn besuchen und mit ihm sowohl über gesellschaftliche als auch wissenschaftliche Themen (hier insbesondere: Evolution) diskutieren.

Erhard Hornbogen hat die Wissenschaft von den Werkstoffen in Deutschland geprägt. Er war Autor mehrerer Lehrbücher und an seinem Lehrstuhl haben eine ganze Reihe späterer Professorinnen und Professoren ihre wissenschaftlichen Laufbahnen begonnen bzw. weitergeführt.

In der Forschung hat er die Mikrostruktur der Werkstoffe ins Zentrum seiner Arbeiten gestellt, war dabei vielfältig aktiv und hat wissenschaftliche Beiträge zu den unterschiedlichsten Themen verfasst (darunter: Formgedächtnislegierungen, Aluminium- und Magnesiumlegierungen, martensitische Umwandlungen, Teilchenhärtung, Quasikristalle, Strukturbildung bei Laserbehandlung, Versetzungsreaktionen [vom Entstehen bei schockartiger Belastung bis zum Schneiden geordneter Phasen], Fraktale, Evolution in Mikrostrukturen, Recycling, Verschleiß und vieles mehr). Er war immer kreativ und innovativ, mit seinen Arbeiten der Zeit meist voraus und konnte besonders gut ordnend systematisieren. Es lohnt sich immer, zu aktuellen Themen alte Hornbogen-Arbeiten zu lesen, wo das Zusammenwirken der entscheidenden Elementarmechanismen, die das Verhalten von Werkstoffen bestimmen, früh beschrieben wurde.

Erhard Hornbogen hat in Clausthal, bei Professor G. Wassermann, Metallkunde studiert, wo er in seiner Doktorarbeit 1956 erstmals den Formgedächtniseffekt an CuZn-Legierungen beschrieb. Er war vier Jahre Forschungsingenieur bei der US Steel Corporation (1958 – 1962), habilitierte 1964 am Max-Planck-Institut für Metallforschung in Stuttgart mit einer Arbeit zum Einfluss von Gitterbaufehlern auf die Keimbildung in Festkörpern. Nach einem Auslandsaufenthalt in Norwegen am Zentralinstitut für Industrieforschung in Oslo war er von 1965 bis 1967 Professor für Metallphysik/Metallkunde an der Universität Göttingen. 1968 bis 1995 war er Inhaber des Lehrstuhls Werkstoffwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum. Erhard Hornbogen knüpfte ein dichtes Netz wissenschaftlicher Kontakte und machte die Ruhr-Universität Bochum im Bereich Werkstoffe international sichtbar. Er war als Gastwissenschaftler/Gastprofessor am Batelle Institut (Columbus, Ohio), an der Ecole des Mines (Nancy), an der Tongji University (Shanghai), am IBM Almaden Lab. (San Jose) und an der University of Virginia (Charlottesville).

Erhard Hornbogen ist für seine Arbeiten national und international vielfach ausgezeichnet worden. Er war Mitglied der Nordrheinwestfälischen Akademie der Wissenschaften und Künste und der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (ACATECH). Er war Honorary Member des Japan Institute of Metals and Materials und erhielt die Ehrendoktorwürde der ungarischen Universität Miskolc. Zu den Preisen die ihm verliehen wurden gehören der Masing Preis und die Heyn Gedenkmünze der DGM, der Henry Clifton Sorby Award der International Metallographic Society (IMS) und der Robert Franklin Mehl Award der Minerals, Metals and Materials Society (TMS).

Dabei war Erhard Hornbogen als Hochschullehrer immer stark in der Lehre engagiert. Er hat den Studierenden des Maschinenbaus die Grundlagen der Werkstoffe vermittelt, wo jahrein jahraus Vorlesungen vor einigen hundert Hörern gehalten werden mussten. Fortgeschrittenen Studentinnen und Studenten aus den Natur- und Ingenieurwissenschaften hat er die methodischen (Elektronenmikroskopie) und mechanistischen Aspekte (Festigkeit, Phasenumwandlungen, Legierungsentwicklung) unseres Faches nähergebracht. Im Tagesgeschäft von Lehre und Forschung gab Erhard Hornbogen oft die Richtung vor, wobei er immer als kompetenter Ratgeber und guter Kollege beliebt war. Auch als Emeritus war Erhard Hornbogen noch lange aktiv, sein Rat war immer gefragt und er verblüffte seine Gesprächspartnerinnen und -partner häufig mit originellen Gedanken. Ohne Erhard Hornbogen wäre unser Institut für Werkstoffe nicht das, was es heute ist. Wir verdanken ihm viel. Wir haben einen großen Werkstoffwissenschaftler verloren, der als Mensch und Wissenschaftler Maßstäbe gesetzt hat. Wir werden ihn in guter Erinnerung halten.

 

Gunther Eggeler, Michael Pohl

Institut für Werkstoffe, Ruhr-Universität Bochum, 20. April 2020

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