Die DGM zeichnet Mitglieder durch die Verleihung der „Ehrenmitgliedschaft der Deutschen Gesellschaft für Materialkunde e.V.“ aus, die sich in materieller oder ideeller Hinsicht um die Gesellschaft besonders verdient gemacht haben.

Die diesjährigen Ehrenmitgliedschaften werden verliehen an Prof. Dr. Michael Hoffmann und Prof. Dr. Pedro Portella.

Ehrenmitgliedschaft 2024
Laudatio für Prof. Dr. Michael Hoffmann

von Prof. Dr. Gerhard Schneider

Die Deutsche Gesellschaft für Materialkunde ehrt mit Michael Hoffmann einen national und international führenden Materialwissenschaftler, der in der Keramik wesentliche Impulse in Lehre, Forschung und Transfer gegeben hat und sich auch in der DGM vielfältig engagiert hat mit der Ehrenmitgliedschaft.

Michael Hoffmann wurde am 17.04.1957 in Grünstadt / Pfalz geboren. Nach einer Ausbildung zum Chemielaboranten bei der BASF, studierte er an der TU Darmstadt Technische Mineralogie. Günter Petzow überzeugte ihn dann, ans Max-Planck-Institut für Metallforschung nach Stuttgart zu kommen, um dort eine Doktorarbeit zur „Herstellung von SiC-whiskerverstärktem Si3N4 durch ein kombiniertes Sinter-HIP-Verfahren“ zu verfassen. So wurde er 1989 an der Universität Stuttgart promoviert. Am Pulvermetallurgisches Laboratorium des Max-Planck-Instituts für Metallforschung übernahm er 1988 die Arbeitsgruppe "Gefüge keramischer Werkstoffe".
Er beschäftigte sich während dieser Zeit intensiv mit nichtoxidischen Keramiken auf der Basis von Siliciumnitrid und Siliciumcarbid. Dabei erarbeitete er ein tiefgreifendes Verständnis für die Gefügeentwicklung und die Korrelationen zwischen Processing, Gefüge und Eigenschaften keramischer Materialien. Insbesondere durch die maßgeschneiderte Einstellung des Gefüges von Si3N4 gelang es, dessen Zähigkeit zu steigern. Bei diesen Arbeiten legte er großen Wert auf einen intensiven Austausch mit der Industrie und den Fokus auf das von der Anwendung geforderte Eigenschaftsprofil. Durch die große Relevanz seiner Arbeiten konnte Michael Hoffmann schon früh ein großes nationales und internationales Netzwerk in der keramischen Forschungs-Community knüpfen und vielfältige Kooperationen initiieren.

1995 nahm er einen Ruf auf die C3-Professur für „Technische Keramik“ an der Universität Karlsruhe an. Dort leitete er von 1995 bis 2004 das Zentrallabor am Institut für Keramik im Maschinenbau (IKM). 2004 erweiterte sich sein Verantwortungsgebiet durch die Berufung auf die C4-Professur für „Keramische Werkstoffe und Bauteile“ und überführte das IKM in ein eigenständiges Institut an der Fakultät für Maschinenbau. Im Rahmen des Zusammenschlusses der Universität Karlsruhe (TH) und dem Forschungszentrum Karlsruhe zum Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hat er das Institut für Angewandte Materialien (IAM), eines der bedeutendsten materialwissenschaftlichen Institute Deutschlands mit aufgebaut und war jahrelang dessen geschäftsführender Direktor.
In Karlsruhe erweiterte Michael Hoffmann sein Forschungsfeld auf Metall-Keramik-Komposite und innovative Formgebungsverfahren und baute seine Expertise auf dem Gebiet der Funktionskeramiken weiter aus. So erforschte er insbesondere die Piezokeramik. In Bleizirkonat-Titanat-Keramiken konnte er wichtige Beiträge leisten zum Verständnis des Sinterverhaltens und des Einflusses der Defektchemie auf die Mikrostruktur und die Ausbildung ferroelektrischer Domänen, wodurch sich beispielsweise kontrolliert die makroskopischen Dehnungen von Aktuatoren einstellen lassen. In jüngster Zeit beschäftigte er sich primär mit Materialien für die Energiewende und leistete wichtige Beiträge zur Li-Ionenbatterie, Brennstoffzellen und perowskitischen Solarzellen. Seine Forschungsarbeiten zur Photovoltaik im Rahmen einer interdisziplinären Forschergruppe erzielten höchste Anerkennung in der wissenschaftlichen Welt, was hohe Zitationszahlen belegen und die Verleihung des Erwin Schrödinger-Preis 2019 des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft. Letztendlich ist sein außergewöhnlich breites Spektrum an Forschungsaktivitäten in mehr als 370 Publikationen dokumentiert

Michael Hoffmann ist ein begnadeter Netzwerker, der in seinem wissenschaftlichen Umfeld auch stets Verantwortung übernommen hat. In der DGM hat er sich engagiert als Vorsitzender des Gemeinschaftsausschusses Hochleistungskeramik von DGM/DKG, als Sprecher der DGM Fachausschüsse sowie im Vorstand der DGM. In der American Ceramic Society (ACerS) hat er sich in unterschiedlichen Funktionen eingebracht und war unter anderem im Board of Directors of the American Ceramic Society. Er ist akademisches Mitglied in der World Academy of Ceramics und im International Institute for the Science of Sintering. Über fast 20 Jahre hat er sich auch als Mitglied im Kuratorium der Steinbeis-Stiftung, Stuttgart für den Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Anwendung engagiert.

Als Hochschullehrer war er nahbar und den Studierenden zugewandt. Eine Vielzahl von Studierenden konnte er mit seinen beliebten Vorlesungen für die Materialkunde begeistern. So ist es ihm z.B. gelungen, sogar Studenten des Wirtschaftsingenieurwesens in die Materialkunde hineinzuführen, die später bei ihm auch promoviert haben. Mehr als 100 Doktorarbeiten hat er angeleitet und zum Abschluss geführt.

Für seine Leistungen wurde Michael Hoffmann mit vielen Ehrungen bedacht, von der DGM mit dem Masing-Gedächtnispreis und dem DGM-Pionier für besondere Leistungen und Verdienste beim Ausbau des DGM-Experten-Netzwerkes. Von der ACerS wurde er zum Fellow of the American Ceramic Society ernannt und mit dem Robert B. Sosman Memorial Award geehrt. Von der Slowakischen Akademie der Wissenschaften, Bratislava wurde ihm die Ehrendoktorwürde verliehen. Die DKG verlieh ihm die Seger-Plakette für seine herausragenden wissenschaftlichen Leistungen auf dem Gebiet der Keramik.

Die Deutsche Gesellschaft für Materialkunde dankt Michael Hoffmann für seine grundlegenden Beiträge zum Verständnis der Materialien sowie für seine aktive internationale Netzwerkarbeit, die auch zu vielen internationalen Freundschaften führte und nicht zuletzt für sein wertvolles Engagement in der DGM.

 

DGM-Ehrenmitgliedschaft 2024
Laudatio für Prof. Dr. Pedro Portella

von Prof. Dr. Birgit Skrotzki

Es ist mir eine große Ehre und Freude, anlässlich der Verleihung der DGM-Ehrenmitgliedschaft 2024 eine Laudatio für Herrn Portella zu verfassen und im Rahmen des diesjährigen DGM-Tages zu halten. Ich schätze ihn als Kollegen sehr und er war mir zudem stets ein guter Ratgeber und Freund während unserer gemeinsamen Zeit an der BAM. Herr Portella hat sich in unserem Fachgebiet im Allgemeinen und insbesondere in der Deutschen Gesellschaft für Materialkunde über viele Jahre kontinuierlich und vielfältig engagiert und sich um unsere Fachgesellschaft besonders verdient gemacht. Dieses Engagement setzte er auch nach seinem Eintritt in den Ruhestand fort. Er ist ein großartiger Netzwerker, sowohl innerhalb als auch außerhalb der DGM, und genießt national wie international hohes Ansehen unter Kolleginnen und Kollegen unserer Fachdisziplin. Es überrascht daher nicht, dass ihm für seinen außergewöhnlichen Einsatz für die Fachcommunity bereits die Ehrenmitgliedschaften der Portuguese Society of Materials (SPM), der French Society of Metals and Materials (SF2M) und der Federation of European Materials Societies (FEMS) verliehen wurden. 

Geboren und aufgewachsen in Rio de Janeiro in Brasilien nahm er nach Abschluss der Schulausbildung ein ingenieurwissenschaftliches Studium an der Ingenieurhochschule des brasilianischen Heeres in Rio de Janeiro auf und schloss dort mit einem Master in Werkstoffwissenschaften ab. 1980 kam er mit einem DAAD-Stipendium nach Deutschland, wo er an der Universität Erlangen-Nürnberg am Lehrstuhl von Prof. Ilschner und unter Betreuung von Prof. Blum eine Promotion zum Thema „Monotones und zyklisches Kriechverhalten der Legierung 800 H bei 800 °C“ begann und 1984 erfolgreich abschloss. 

Anschließend kehrte er nach Rio de Janeiro zurück und nahm eine Assistenzprofessur am Institut für Werkstoffwissenschaften und Metallurgie an der Päpstlichen Katholischen Universität in Rio de Janeiro an. Schließlich zog es ihn 1987 wieder nach Deutschland, wo er zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Rahmen eines BMBF-geförderten Matfo-Verbundforschungsvorhabens seine langjährige Tätigkeit an der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) begann. Bald nach Abschluss des Projekts übernahm er bereits die Leitung des Labors „Gefüge von Metallen“ in der BAM, bevor er 1995 zum Leiter der Fachgruppe „Struktur und Gefüge von Konstruktionswerkstoffen“ ernannt wurde. Parallel dazu leitete er die Projektgruppe "Bauteilsicherheit bei Hochtemperaturbeanspruchung" und übernahm schließlich von 2000 bis 2020 die Leitung der Abteilung „Werkstofftechnik“ der BAM. 

Sein Forschungsinteresse galt seit der Promotion den metallischen Hochtemperaturwerkstoffen, insbes. den Nickelbasis-Superlegierungen. Er untersuchte das Verhalten unter komplexen thermischen und mechanischen Beanspruchungen, wie z. B. das Kriechverhalten, die Hochtemperaturermüdung und das Verhalten unter mehrachsiger Ermüdungsbeanspruchung. Dabei hatte er immer die Mikrostruktur im Fokus, wie sich diese unter Beanspruchung veränderte und welche Schädigungsmechanismen wirkten. Die Aufklärung technischer Schäden und deren Ursachen hatte für ihn in der BAM stets einen besonders hohen Stellenwert und er unterstütze die interdisziplinäre Gruppe „Schadensanalyse und Schadensprävention“, die viele Jahre in seiner Abteilung angesiedelt war, nachdrücklich und mit großem Engagement. 

Für seine besonderen Leistungen und Verdienste auf dem Gebiet der Metallographie wurde ihm 2010 der Roland-Mitsche-Preis gemeinsam vom Fachverband der NE-Metallindustrie Österreichs, des technisch-wissenschaftlichen Vereins ASMET und der DGM verliehen. Im gleichen Jahr erhielt er die August-Wöhler-Medaille des Deutschen Verbands für Materialforschung und -prüfung (DVM) für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Werkstoffmechanik, Schwingfestigkeit und Bruchmechanik.

Herr Portella engagiert sich für unsere Fachcommunity in vielfältiger Weise, ob als Gutachter und gewählter Fachkollegiat für die DFG oder in verschiedenen Fachverbänden. Eine besondere Verbundenheit empfindet er jedoch bis heute mit der DGM. Mitglied seit 1980 leitete er für einige Jahre den Fachausschuss Materialographie, organisierte und leitete die Metallographie-Tagung in 2001 und 2003, und war Mitglied im Organisationsausschuss mehrerer EUROMAT-, Junior EUROMAT- und MSE-Konferenzen. Schließlich war er Mitglied des Exekutivausschuss der FEMS von 2006-2009 und von 2010-2011 Präsident der FEMS. 

In den letzten Jahren war ihm die Digitalisierung in der Materialwissenschaft und Werkstofftechnik ein besonderes Anliegen. Mit dem Start der Plattform MaterialDigital (PMD) im Jahr 2019, einer Initiative des BMBF zum Aufbau eines virtuellen Materialdatenraumes und der Systematisierung des Umgangs mit hierarchischen, prozessabhängigen Werkstoffdaten, vertrat er die BAM von Anfang an im Konsortium. Nach dem Eintritt in den Ruhestand ist er weiterhin als Botschafter für die PMD sehr aktiv unterwegs und unterstützt die Initiative nach Kräften und in vielfältiger Weise, um das Thema Digitalisierung in der Community zu verankern. 

Herausheben möchte ich auch sein großes Engagement für die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Er unterstütze jederzeit die Aufnahme von Studierenden, Promovierenden und Postdocs aus aller Welt, insbes. aber aus Brasilien. Er wirkte hier oft auch persönlich als Mentor und hält mit vielen Ehemaligen bis heute Kontakt. Das gleiche gilt für die Kontakte in die Fachcommunity, in der Herr Portella weiterhin ein gerngesehener Ansprechpartner ist. 

DGM-Tag 2024
23.09.2024 Darmstadt und online

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