Bericht zum 23. Werkstofftechnischen Kolloquium Ende März in Chemnitz

Wissenschaft trifft Wirtschaft auf den Gebieten der Werkstoff-, Oberflächen- und Fügetechnik. Am 29. und 30. März 2023 fand an der TU Chemnitz das 23. Werkstofftechnisches Kolloquium statt.

Tagungsteilnehmende des 23. Werkstofftechnischen Kolloquiums

Das Plenum folgte den Vortragenden aufmerksam. (Fotograf: Andreas Gester)

Knüpfen von Kontakten in dem angenehmen Ambiente des zentralen Hörsaalgebäudes der TU Chemnitz. (Fotograf: Andreas Gester)

Ganz im Sinne des Leitsatzes „Wissenschaft trifft Wirtschaft“ bot das Kolloquium eine geeignete Plattform zur Vernetzung. (Fotograf: Andreas Gester)

Foto: H2-Pedelec am Stand der Abteilung „Human-Cyber-Physical Systems“ der Professur Werkstoff- und Oberflächentechnik (WOT) zum 23. WTK. Institutions- und fächerübergreifende Kooperationen zwischen Dr. Marcel Todtermuschke (Fraunhofer IWU, links), Dr. habil. Franziska Bocklisch (WOT, Fraunhofer IWU) und Dr. Udo Kreißig (Vitesco Technologies) sowie Prof. Thomas Lampke (WOT, rechts). (Fotograf: Andreas Gester)

Wissenschaftliche Diskussion von Tagungsteilnehmern an einem Poster. (Fotograf: Andreas Gester)

Verleihung der Best Poster Awards (v.l.n.r.: Prof. Martin F.-X. Wagner, Jun Xu, Prof. Thomas Lampke, Dr. Jan Tomastik, Tobias Heib, Prof. Guntram Wagner, Prof. Andreas Undisz). (Fotograf: Felix Schubert)

 

Das traditionsreiche Werkstofftechnische Kolloquium (WTK) wurde zum 23. Mal von dem Institut für Werkstoffwissenschaft und Werkstofftechnik (IWW), vertreten durch die Professoren Thomas Lampke, Andreas Undisz, Guntram Wagner und Martin F.-X. Wagner, veranstaltet. Den fast 200 nationalen und internationalen Teilnehmern wurde eine attraktive Plattform für wissenschaftliche Diskussionen und die Vernetzung zu Fachleuten aus der Industrie, die ein Viertel der Teilnehmerzahlen ausmachten, geboten.

In seiner Eröffnungsansprache brachte Prof. Lampke seine Freude über den großen Zuspruch zu dieser Traditionsveranstaltung, die Unterstützung durch die Fachverbände DGM, DGO und DVS sowie die vielen internationalen Konferenzteilnehmenden zum Ausdruck. Grußworte von Prof. Andreas Schubert, Dekan der Fakultät für Maschinenbau der TU Chemnitz, und Dr. Klaus Nassenstein, Präsident des Forschungs- und Transfernetzwerkes Mittelstand AiF e. V. sowie Geschäftsführer und Mitinhaber der GTV Verschleißschutz GmbH, betonten die Bedeutung der Veranstaltung als Impulsgeber und Diskussionsplattform. Ganz im Sinne des Leitsatzes des Kolloquiums „Wissenschaft trifft Wirtschaft“ sprach Dr. Nassenstein über das Forschungsnetzwerk der AiF. Er betonte dabei die Relevanz angewandter Forschung sowie vor allem die Notwendigkeit des Transfers von Innovationen in die Industrie.

Dies wurde in den folgenden Impulsvorträgen von Industrieunternehmen aufgegriffen, die sich im Rahmen der Industrieausstellung präsentierten. Auf dem diesjährigen Kolloquium waren die Unternehmen Carl Zeiss GOM Metrology, Cloeren Technology, Evident Europe, Hegewald & Peschke, Höganäs Germany, LIMESS, POLYTEC und ZwickRoell vertreten. Darüber hinaus bereicherten junge Startups und ein Forschungsverbund die Ausstellung, was die enge Verknüpfung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft verdeutlichte und Karriereperspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs aufzeigte. Drei aus EXIST-Forschungstransferprojekten hervorgegangene Startups waren vor Ort: Die CMMC GmbH, eine Ausgründung aus der TU Chemnitz, bietet ein neuartiges Herstellungsverfahren für AMC-Werkstoffe und die Produktion dieser Werkstoffe an. Das Gründungsprojekt NanoSen, ebenfalls eine Ausgründung aus der TU Chemnitz, entwickelte ein innovatives Verfahren zur kostengünstigen Massenproduktion von Kraftsensoren aus Nanokompositen. Für die Werkstoffqualitätskontrolle in der industriellen Anwendung nutzt die MiViA GmbH, die sich aus der TU Bergakademie Freiberg ausgegründet hat, ein selbstlernendes autonomes Mikrostrukturanalyse-System.

In den sich anschließenden insgesamt 64 Fachvorträgen wurde ein Einblick in die thematische Vielfalt der aktuellen Forschung gegeben. Prof. Friedrich Raether, Leiter des Fraunhofer-Zentrum für Hochtemperatur-Leichtbau HTL, veranschaulichte in seinem Übersichtsvortrag die Bedeutung der Digitalen Material- und Prozessentwicklung, dem Integrated Computational Materials Engineering (ICME). Dieses Thema wurde in weiteren Beiträgen, u. a. für die Nutzung zum Top-Down Design multiphasiger Keramiken, vertieft. Einen weiteren Themenschwerpunkt bildeten Beiträge zur Mensch-Technik-Interaktion und des Einsatzes künstlicher Intelligenz am Beispiel thermischer Beschichtungsprozesse. Neue Aspekte des Thermischen Spritzens, wie z. B. der Einsatz antibakteriell wirksamer Verschleißschutzschichten aus Keramik in der Lebensmittelindustrie und zur Herstellung freistehender Transportschichten aus Titan für die Polymerelektrolytmembran-Wasserelektrolyse, wurden aufgezeigt. Zudem waren der vielversprechenden Kombination von Lichtbogenspritzen mit additiven Fertigungsprozessen sowie der ressourceneffizienten Bestimmung der mechanischen Eigenschaften und des Ermüdungsverhaltens mittels Indentationsprüfung Vorträge gewidmet. Die Vorteile und Anwendungsmöglichkeiten der Additiven Fertigung wurden in weiteren Beiträgen beleuchtet. Ebenso wurde über die Weiterverarbeitbarkeit additiv gefertigter Bauteile in Trenn- und Fügeprozessen sowie den Einfluss der spezifischen Mikrostruktur und des Eigenspannungszustandes berichtet. Die additive Fertigung wurde auch in der Session zum Fügen mittels Schweißen und Löten aufgegriffen. Schwerpunktmäßig wurden mikrostrukturelle Einflüsse auf die Belastbarkeit der Fügeverbindungen adressiert. Auf dieses Spannungsfeld ging auch Prof. Jonas Hensel, Leiter der Professur Schweißtechnik an der TU Chemnitz, in seinem Übersichtsvortrag ein und stellte die schweißtechnische generative Fertigung von hochfesten Strukturbauteilen vor. Im Bereich der Galvanotechnik standen besonders anwendungsorientierte Beiträge im Vordergrund. Rainer Venz, der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Zentralverbands Oberflächentechnik (ZVO), sprach in seinem Übersichtsvortrag über innovative Fügetechnologien für Leiterplatten. Weitere Vorträge befassten sich mit galvanischen Edelmetallschichten für Steckverbinder sowie die Eignung galvanischer Präzisionsbeschichtungen zur Durchkontaktierung von Multilayer-Leiterplatten. Vorangetrieben durch die REACH-Verordnungen wurde auch auf die Substitution von Hartchromschichten eingegangen. In der Session zu Verbundwerkstoffen und Werkstoffverbunden ging es vor allem um die Herstellung metallischer Komposite über die pulvermetallurgische Route sowie das Ermüdungs- und Rissausbreitungsverhalten naturfaserverstärkter Polymerwerkstoffe und von Hybridlaminate. Ebenso wurden in weiteren Fachbeiträgen Hochentropielegierungen, deren Schweiß- und Bearbeitbarkeit sowie deren Verschleißbeständigkeit adressiert. Eine eigene Session war auch den Formgedächtnislegierungen und der Wasserstoffspeicherung mit Hinblick auf geeignete Werkstoffe und flexible Prüfmöglichkeiten für Metallhybridspeicher gewidmet.

In Anlehnung an die Profillinien der Fakultät für Maschinenbau griff das WTK auch zielgerichtet neue transdisziplinäre Innovationen auf. Hierzu zählte auch das Thema Wasserstoff als Energieträger für Produktion und mobile Anwendungen sowie das Mensch-Maschine Teaming. Die Umsetzung dieser Themen wurde am Stand der Abteilung „Human-Cyber-Physical Systems“ der Professur Werkstoff- und Oberflächentechnik u. a. anhand eines wasserstoffbetriebenen Pedelec sichtbar. Das Pedelec entstand in Zusammenarbeit mit Vitesco Technologies und kam bereits in Nutzerstudien zur Erforschung psychologischer Akzeptanz neuer Mobilitätstechnologien zum Einsatz. Auch Ergebnisse aus universitätsübergreifenden Kooperationen mit dem Fraunhofer Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU) zur Erforschung von Grundlagen des Mensch-Maschine Teamings für produktionstechnische Fragestellungen wurden präsentiert.

Ein weiterer Höhepunkt des Kolloquiums war der Plenarvortrag von Prof. David Rafaja, dem Leiter des Instituts für Werkstoffwissenschaft der TU Bergakademie Freiberg, der die vielfältigen Möglichkeiten von Synchrotronstrahlung für die umfassende Werkstoffcharakterisierung aufzeigte und auch auf die sächsische Initiative zur strategischen Kooperation mit dem Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY in Hamburg einging.

Der Abschlussvortrag wurde von dem Softwareentwickler Max Rose gehalten, der sehr mitreißend und unterhaltsam seinen Weg zum eigenen Unternehmen Audory, einer Plattform für interaktive Hörbücher, beschrieb, der ihn vom Studium bis in die Fernsehsendung „Die Höhle der Löwen“ führte. Er stellte den Tagungsteilnehmer abschließend einen Prototyp für ein interaktives Videoformat vor.

Der Vortragsteil des Kolloquiums wurde von einer Posterausstellung sowie einer Postersession begleitet. Die besten Poster, ausgewählt aus den vor dem gesamten Plenum in Kurzvorträgen präsentierten Beiträgen, wurden während der Abendveranstaltung des ersten Konferenztages mit dotierten Awards gekrönt. Die drei Gewinner waren Dr. Jan Tomastik von der Palacký University Olomouc aus Tschechien (1. Platz), Jun Xu von Innovent e. V. aus Jena (2. Platz) sowie Tobias Heib von der Universität des Saarlandes (3. Platz).

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