von Prof. Dr. rer.nat. Gerhard Dehm
Die DGM zeichnet Herrn Dr. James Paul Best für seine herausragenden Arbeiten zum Einfluss der lokalen chemischen Zusammensetzung auf die resultierenden mechanischen Eigenschaften in modernen Struktur- und Funktionswerkstoffen mit dem Georg-Sachs-Preis 2023 aus.
Herr Dr. Best, der seit 2020 am Max-Planck-Institut für Eisenforschung GmbH als Gruppenleiter tätig ist, hat es sich zur wissenschaftlichen Aufgabe gemacht, die Zusammenhängen zwischen grundlegenden Verformungsmechanismen, der Materialstruktur und der lokalen Chemie an Imperfektionen in Materialien zu entschlüsseln. Dabei ist er nicht auf eine bestimmte Materialklasse fokussiert – auch wenn in den letzten Jahren ein Schwerpunkt auf Zr-basierten metallischen Gläsern lag – sondern erforscht diese Wechselwirkung beispielsweise an Hartstoffschichten, aber auch an Korngrenzen in Metallen und Legierungen. Er entwickelt miniaturisierte mechanische Methoden und die zugehörigen Testprotokolle, und verwendet moderne in situ Elektronenmikroskopie und neue Methoden der Synchrotrondiffraktion zur wohl durchdachten, chemisch informierten Strukturaufklärung.
Lassen Sie mich in dieser kurzen Laudatio auf einen seiner Forschungsschwerpunkte der letzten Jahre näher eingehen, in welchem Herr Dr. Best fundamentale Beiträge zum tieferen Verständnis der Wechselwirkung zwischen der lokalen chemischen Zusammensetzung und der atomaren Strukturanordnung auf die Duktilität und das Bruchverhalten Zr basierter metallischer Gläser lieferte. Dazu verwendet er einen ganzheitlichen Ansatz, der bereits mit der Materialherstellung beginnt. Diese erfolgte im vorliegenden Fall mittels laserbasierter additiver Fertigung, da es größere metallische Glas-Bauteile ermöglicht als durch konventionelle Syntheseverfahren herstellbar sind. Die geringen Werte für das Ermüdungsrißwachstum und die Bruchzähigkeit des additiv gefertigten Zr-basierten Glases waren im vorliegenden Fall nicht nur durch Poren verursacht, sondern vor allem durch gelöste Sauerstoffverunreinigung, die im Vergleich zu gegossenen Zr-Gläsern mit ~ 1270 ppm fast 8 fach höher lag. Mittels Synchrotronmessungen konnte Herr Dr. Best zeigen, dass sich die lokale kurz- und mittelreichweitige Atomanordnung durch den gelösten Sauerstoff verändert und so für die Verschlechterung der mechanischen Eigenschaften verantwortlich war. Auch in Mikrodruckversuchen wurde der Fingerabdruck des Sauerstoffgehaltes auf das plastische Verformungsverhalten nachgewiesen: Durch den höheren Sauerstoffgehalt werden atomare Umordnungsprozesse erschwert und so die Aktivierungsenergien für die Bildung von Schertransformationszonen erhöht. Dies führt zu erschwerter Bildung von Scherbändern in den lasergefertigtem AMZ4 Glas im Vergleich zu dem gegossenen Glas. Dementsprechend konnte auch eine geringere Dehnratenempfindlichkeit in dem AMZ4 Glas mit höherem Sauerstoffgehalt in Mikrodruckversuchen mit Dehnraten von 5.10-4s-1 bis 5.102s-1 gefunden werden. Diese Einblicke sind essentiell für zukünftige Anwendungen dieser Gläser z.B. als verschleißfeste Zahnräder für Messsysteme in der Raumfahrt.
Herr Dr. Best ist ein international sehr sichtbarer und erfolgreicher Wissenschaftler. Nach seinem Studium und der anschließenden Promotion an der University of Melbourne, Australien, im Fachbereich Chemie wechselte er als Postdoc an die hoch angesehene Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA) nach Thun. Dort beschäftigte er sich in der Abteilung von Dr. Johann Michler intensiv mit der Weiterentwicklung der experimentellen Mikromechanik. Ein Teil seines Forschungsaufenthaltes in Thun wurde durch ein Marie Curie Stipendium der EU finanziert. Anschließend wechselte Herr Dr. Best als Wissenschaftler nach Sydney an die renommierte University of New South Wales, wo er bei Prof. Jamie J. Kruzic sehr erfolgreich die mechanischen Eigenschaften von additiv gefertigten metallischen Gläsern erforschte. Nach einem Aufenthalt als Gastwissenschaftler am Institut für Metallkunde und Materialphysik bei Prof. Sandra Korte-Kerzel an der RWTH Aachen, wechselte Herr Dr. Best 2020 an das Max-Planck-Institut für Eisenforschung und etablierte dort trotz der schwierigen Startbedingungen durch die Pandemie innerhalb kurzer Zeit seine Arbeitsgruppe zur „chemischen Mechanik“ von Materialien und ihren Grenzflächen.
Herr Dr. James Best zeichnet sich neben seinem exzellenten und breiten Fachwissen auch durch seine großartige Persönlichkeit aus. Er hat stets ein offenes Ohr für alle Belange seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und bleibt auch in hektischen Situationen immer ruhig. Er versteht es bei komplizierten Sachverhalten den Überblick zu behalten und die wissenschaftlichen Arbeiten in die richtige Richtung zu lenken. Sein immenses Fachwissen und die wissenschaftliche Exzellenz sind durch international referierte und hoch zitierte Fachartikel dokumentiert. Seine Vorträge zeichnen sich – neben der fantastischen Wissenschaft – vor allem durch eine sehr klare wissenschaftliche Struktur aus.
Die DGM hat mit Herrn Dr. Best einen herausragenden, jungen Wissenschaftler für den Georg-Sachs-Preis ausgewählt, der die von ihm verwendeten Methoden der Hochenergie-Röntgendiffraktion, Elektronenmikroskopie und miniaturisierter Mechanik bestens zur Aufklärung der komplexen Zusammenhänge zwischen Struktur – Chemie – Mechanik in Materialien nutzt und auf ein neues, für die Anwendung tragfähiges Fundament stellt.
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