von Prof. Dr. Franz Faupel
Prof. Dr. Rainer Adelung hat mit seiner großen Kreativität das Gebiet der funktionellen Nanomaterialien mit vielen innovativen Materialentwicklungen stark bereichert. Besonders hervorzuheben sind seine Beiträge zu ultraleichten Gerüstmaterialien auf der Basis von tetrapodalem Zinkoxid und deren Übertragung auf unterschiedlichste Materialklassen. Seine Arbeiten spannen den Bogen von der grundlegenden Erforschung völlig neuer Materialkonzepte bis hin zur industriellen Umsetzung in marktreife Produkte.
Bereits als Doktorand in der Kieler Physik hat sich Prof. Dr. Rainer Adelung vor über 20 Jahren mit grundlegenden Eigenschaften von Einzelschichten und Ladungsdichtewellen in 2D-Schichtkristallen beschäftigt. Im Rahmen seiner Habilitation in der Materialwissenschaft und eines Feodor-Lynen-Stipendiums der Alexander von Humboldt-Stiftung an der Case Western Reserve University hat er schon sehr früh sein eigenes Forschungsprofil entwickelt und mit bahnbrechenden Forschungsarbeiten überzeugt. Genannt seine hier nur seine Arbeiten zum spannungskontrollierten Wachstum von Nanodrähten in Rissen dünner Filme. Als eigenständiger Heisenberg-Professor und bald darauf als Leiter des Lehrstuhls für Funktionale Nano-materialien in Kiel hat er – nach Ablehnung eines Rufes an die TU Hamburg-Harburg – innerhalb kürzester Zeit eine große und außergewöhnlich erfolgreiche Arbeitsgruppe aufgebaut und das Gebiet der Funktionalen Nanomaterialien in vielfacher Weise bereichert. Ein zentraler Aspekt der Forschung seiner Arbeitsgruppe waren dabei tetrapodale Zinkoxid (t-ZnO)-Netzwerke, die ihn bis heute begleiten. 2012 konnten diese Netzwerke als Template benutzt werden, um „Aerographit“ herzustellen, das damals den Weltrekord als leichtestes Material der Welt gehalten hat. Er folgten vielbeachtete Arbeiten zu UV-Sensoren und bis zum heutigen Tag eine Vielzahl von sehr hochzitierten Arbeiten zu chemischen Sensoren. 2013 bildeten t-ZnO-Netzwerke die Grundlage für intelligente „self-reporting materials” die Materialschädigungen anzeigen, lange bevor sie zum Versagen führen.
Ein Durchbruch für industrielle Anwendung der hochinteressanten Gerüstwerkstoffe erzielten Prof. Adelung und seine Gruppe mit der Entwicklung der Flammentransportsynthese von t-ZnO. Das skalierbare Verfahren war auch die Ausgangsbasis für eine Firmenausgründung. Ein erstes inzwischen markteingeführtes Produkt geht auf neuartige antivirale Eigenschaften von t-ZnO zurück, die bereits 2011 erkannt wurden. Inzwischen sind mehrere weitere medizinische Anwendungen hinzugekommen, z.B. zur kontrollierten Freisetzung von Medikamenten und zu intelligenten Wundabdeckungen. Viele Arbeiten der letzten Jahre befassen sich auch mit sehr originellen Anitfouling-Beschichtungen. Weitere innovative Ansätze betreffen u.a. tetropodale Haftvermittler oder besonders innovative optische Materialen auf Basis von tetrapodalen Gerüstwerkstoffen, die das extreme Streuvermögen der Gerüstwerkstoffe ausnutzen. Besonders interessant sind völlig neuartige Aktuatoren aus ultraleichten Kohlenstroffnetzwerken, deren extrem geringe Wärmekapazität genutzt wird, um beim Anlegen von Strompulsen Luftexplosionen Auszulösen. Neben verschiedenen Kohlenstoff-basierten ultra-leichten Gerüststrukturen ist es der Gruppe Adelung in den letzten Jahren gelungen, den Ansatz auf andere Materialen zu erweitern. Genannt sei hier nur Aero-h-Bornitrid und Aerogalliumnitrid.
Prof. Adelung hat sich nicht nur mit Gerüstwerkstoffen und ihren Eigenschaften beschäftigt, sondern diverse andere Themen sehr erfolgreich bearbeitet. Hier seine nur zwei Beispiele genannt. So hat seine Gruppe die Arbeiten seines Vorgängers Prof. Föll zum Porenätzen in Silizium genutzt, um Anoden für Lithiumionenakkumulatoren zu entwickeln, die die Kapazität konventioneller Anoden um ein Mehrfaches übertreffen. Auch für die Kathoden wurden durch Kombination von Kohenstoffgerüstwerkstoffen und Schwefel völlig neue Konzepte verfolgt. Zurzeit wird versucht, diese Ansätze in großen, öffentlich geförderten Projekten zusammen mit der Industrie zur Marktreife zu bringen. Ein weiteres Beispiel, das ebenfalls auf elektro-chemischen Ätzprozessen beruht, ist das sogenannte „nanoscale sculpturing“. Hierbei handelt es sich um ein hochinnovatives Fügeverfahren, das auf dem Prinzip der mechanischen Verhakung beruht und auf großes industrielles Interesse gestoßen ist.
Die äußerst innovative Forschung von Prof. Adelung spiegelt sich in mehr als 300 Publikationen – viele davon in besonders hochrangigen Zeitschriften - wieder, die extrem gut zitiert werden. Hinzu kommen über 20 zum großen Teil internationale Patente und Anmeldungen, die die hohe Anwendungsrelevanz der Arbeiten zum Ausdruck bringen. Diese zeigt sich auch in den vielen sehr erfolgreichen Industriekooperationen und in Firmenausgründungen. Erwähnt sei hier die Phi-Stone-AG, die sich seit Jahren auf Wachstumskurs befindet. Abschließend seien noch die sehr umfangreichen Drittmittel erwähnt, die Prof. Adelung über all die Jahre, teils in extrem kompetitiven Antragsverfahren eingeworben hat. Hierzu gehören insbesondere seine EU-Projekte. U.a. ist er am Graphen-Flagship-Projekt beteiligt. Allein in den letzten zwei Jahren hat er mehr als fünf Millionen Euro eingeworben.
Seine überaus eindrucksvolle Forschung ist bei Prof. Adelung nie auf Kosten der Lehre gegangen, ganz im Gegenteil, war er auch in der Lehre immer sehr engagiert, erfolgreich und innovativ. Er hat die Gabe, die Studierenden mitzureißen und zu begeistern. Neben dem technischen Kernbereich liegen ihm auch nichttechnische Aspekte wie Ethik besonders am Herzen.
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