Die DGM zeichnet Mitglieder durch die Verleihung der „Ehrenmitgliedschaft der Deutschen Gesellschaft für Materialkunde e.V.“ aus, die sich in materieller oder ideeller Hinsicht um die Gesellschaft besonders verdient gemacht haben.
von Prof. Dr. Thomas Niendorf
Ich freue mich sehr für ihn und es ist mir eine Ehre, anlässlich der Verleihung der DGM-Ehrenmitgliedschaft 2023 eine Laudatio für Professor Scholtes verfassen und im Rahmen des diesjährigen DGM-Tags halten zu dürfen. Herr Scholtes war für mich immer ein großes Vorbild und mein Vorgänger als Leiter des Fachgebiets Metallische Werkstoffe im Institut für Werkstofftechnik der Universität Kassel. Sofort mit Beginn unserer gemeinsamen Schaffenszeit in Kassel in den Jahren 2015 bis 2018 entwickelte sich eine vertrauensvolle Freundschaft. Bereits an dieser Stelle will ich betonen: mit Herrn Scholtes hat die DGM eine große Persönlichkeit ab sofort als Ehrenmitglied in ihren Reihen, die über Jahrzehnte das Forschungsgebiet der Werkstofftechnik national und international geprägt hat und dabei immer höchstes Ansehen im Kreise aller Wissenschaftler:innen unserer Fachdisziplin und darüber hinaus genießen durfte. Sein außergewöhnlicher Einsatz in der Community zeigt sich auch bereits dadurch, dass ihm nicht nur in der DGM, sondern gleichzeitig auch in der AWT, der Arbeitsgemeinschaft Wärmebehandlung und Werkstofftechnik, die Ehrenmitgliedswürde verliehen wurde.
Geboren im Saarland, und somit umgeben von den „Kathedralen“ der Stahlindustrie, entschied sich Herr Scholtes 1969 ein Maschinenbaustudium in Karlsruhe zu beginnen. Im Anschluss gelang es Professor Macherauch ihn für eine Promotion im Institut für Werkstoffkunde I zu gewinnen. Hier beschäftigte er sich zunächst mit dem Bauschingereffekt, einem Thema, das ihn eigentlich bis heute nicht losgelassen hat, und frühzeitig auch mit den Themenfeldern Schwingfestigkeit, Wechselverformungsverhalten und Ermüdung von Metallen sowie dem Einfluss von Eigenspannungen auf eben diese Phänomene. Nach der Promotion wurde ihm im Institut die Leitung des Röntgenlabors sowie des Schwingfestigkeitslabors übertragen und er verblieb in dieser Rolle in Karlsruhe bis 1993. In diesem Rahmen wurde ihm 1990 die Habilitation für das Fach „Werkstoffkunde“ an der Fakultät für Maschinenbau der Universität Karlsruhe anerkannt.
Mit dem Jahr 1993 wechselte Herr Scholtes dann an die Universität Kassel und leitete ab diesem Zeitpunkt das Fachgebiet „Metallische Werkstoffe“. Von Anfang an konnte er dabei nicht nur Impulse im Fachgebiet allein setzen, vielmehr war er von Beginn an eine der prägenden Persönlichkeiten im Fachbereich Maschinenbau der Universität Kassel. So brachte er sich ehrenamtlich als geschäftsführender Direktor des Instituts für Werkstofftechnik für mehr als 15 Jahre ein, zudem war er Dekan des Fachbereichs sowie Vizepräsident für Forschung. Jenseits der Grenzen Kassels war er in verschiedenen Gremien der DFG tätig, u.a. dem Apparateausschuss sowie dem Fachkollegium „Materialwissenschaft und Werkstofftechnik“. Zudem war er langjährig für die DGM, die AWT und, als Mitglied im Vorstand sowie Vorsitzender, im Wissenschaftlichen Arbeitskreis der Universitätsprofessoren der Werkstofftechnik (WAW) tätig. Viele weitere ehrenamtliche Tätigkeiten im nationalen und internationalen Umfeld könnte ich hier aufzählen, dies sprengt jedoch den verfügbaren Rahmen. Natürlich blieben seine hervorragenden fachlichen Arbeiten, veröffentlicht in circa 300 Publikationen sowie das große Engagement für die MatWerk-Community nicht unentdeckt, allein seitens der DGM wurde ihm zwei hochrangige Auszeichnungen zuerkannt: im Jahr 1992 der Georg-Sachs-Preis, welcher für exzellente Forschungsarbeiten mit starkem Praxisbezug an junge Wissenschaftler:innen verliehen wird, sowie im Jahr 2011 die Heyn-Denkmünze, welche für ein weithin sichtbares Lebenswerk im Feld verliehen wird.
Wie sich in meinen bisherigen Ausführungen zeigt, hat es Herr Scholtes verstanden national und international zu zentralen Forschungsthemen für ewig verankerte Impulse zu setzen. Würde ich an dieser Stelle meine Aussage allein an das Thema „Analyse und Bewertung von Eigenspannungen“ koppeln, würde dies seinem Schaffen nicht gerecht, auch wenn dieser Themenkomplex natürlich einen großen Raum in seiner Forschung eingenommen hat. Herr Scholtes hat es immer verstanden seine Ziele auf nachhaltigste Weise zu verfolgen. Hierüber hat er in Kassel über seine dortige Schaffenszeit von 25 Jahren ein Fachgebiet inklusive Laborausstattung aufgebaut, welches sich im nationalen und internationalen Umfeld uneingeschränkt messen kann. Hiervon profitieren nicht nur allein meine aktuellen Forschungsprojekte, vielmehr haben die Forschungsvisionen von Herrn Scholtes und sein exzellentes strategisches Geschick das Institut für Werkstofftechnik sowie die Universität Kassel in die Lage versetzt, zentrale Forschungsthemen in internationaler Führerschaft zu besetzen, so unter anderem das Thema „Sichere und zuverlässige Werkstoffe“, ein Thema dem in unserer aktuellen Gesellschaft mit dem Blick auf nachhaltige Lösungen für zukünftige Produkte und Prozesse höchste Bedeutung zukommt.
Der außergewöhnliche Charakter und die persönliche Größe von Herrn Scholtes zeigten sich zudem in der Zeit, in der er mir schrittweise die Verantwortung für die Geschicke des Fachgebiets übertrug. So hat er sich in dieser Zeit nicht allein voll in den Dienst der Arbeitsgruppe gestellt, sondern hat vielmehr durch sein geballtes Fachwissen, und die Fähigkeit dies in einzigartiger Weise zu übertragen, dafür gesorgt, dass am Standort Kassel neu initiierte Themenfelder wie die „Additive Fertigung“ sowie die „Formgedächtnistechnologie“ mit den zuvor am Fachgebiet etablierten Forschungsfeldern in Rekordzeit zusammengewachsen sind. Egal an welcher Stelle, für welches Gespräch er gebraucht wurde, Herr Scholtes hat sich immer wieder nachhaltig eingebracht und dabei so manchen Zusammenhang für die „Neuen im Feld“ immer wieder erläutert, so dass auch in der aktuellen fachlichen Breite das gesamte Fachgebiet hervorragend aufgestellt ist.
Im Jahr 2018 ging Herr Scholtes dann in den wohlverdienten Ruhestand. Auch wenn er durch seine Reisen in der Welt terminlich vielfach gebunden ist, wird er doch immer wieder in den Räumlichkeiten des Fachgebiets gesehen. Den Kontakt zu allen Aktiven und Ehemaligen hält er aktiv, was durch alle sehr begrüßt wird. Für seine umfassende Verdienste im Sinne des Instituts für Werkstofftechnik wurde er 2021 mit der Sophie-Henschel-Medaille ausgezeichnet. Auch in der Fachcommunity ist Herr Scholtes weiterhin ein sehr gern gesehener Ansprechpartner, seine Kontakte hält er auch hier aktiv. Somit kann ich nur mit den Worten meine Laudatio beschließen, mit denen ich sie begonnen habe: Den Verantwortlichen in der DGM kann ich zu dieser Benennung gratulieren. Herr Scholtes ist ein absolut verdienter Träger der Ehrenmitgliedschaft der DGM. Ich persönlich gratuliere ihm hierzu von ganzem Herzen und bin überzeugt, dass sich meinem Votum alle Mitglieder der DGM und alle hier im Raum versammelten Persönlichkeiten anschließen können und werden. Wir hoffen, dass er unserer Community für die nächsten Jahre und Jahrzehnte treu und aktiv bleiben wird und sich immer wieder auf Veranstaltungen, ob in Kassel oder an einem anderen Ort Deutschlands oder der Welt, blicken lässt.
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