von Prof. Dr. Jürgen Eckert
Die diesjährige Preisträgerin des Georg-Sachs-Preises ist Frau Dr.-Ing. Anja Waske von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) in Berlin. Diese verdiente Auszeichnung der DGM würdigt einerseits ihre herausragenden Leistungen innerhalb der letzten Jahre und soll auch als Ansporn für zukünftige Impulse in ihrer Karriere dienen. Anja Waske studierte Physik an der TU Dresden und promovierte dort zur Röntgenbildgebung granularer Materialien für Filteranwendungen. Nach der Promotion wechselte Sie 2010 ans Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung (IFW) Dresden, wo sie ab 2013 eine Nachwuchsgruppe leitete. Anja Waske untersuchte in den vergangenen Jahren vor allem magnetische Funktionsmaterialien für kühltechnische Anwendungen (Magnetokalorik) und zur Stromerzeugung (Thermomagnetische Generatoren). Dabei spannt sie den Bogen von sehr grundlegenden Fragestellungen hin zu anwendungsrelevanten Herausforderungen. So fand sie als erste mittels Synchrotron-Röntgenbildgebung experimentelle Hinweise darauf, dass die durch die Oberflächentopologie lokal variierenden Spannungszustände das Nukleations- und Wachstumsverhalten in magnetokalorischen Materialien während der magnetostrukturellen Phasenumwandlung beeinflussen. In gemeinsamen Arbeiten zusammen mit Theoretikern untersuchte sie den Einfluss von Unordnung in der Kristallstruktur auf die magnetischen Funktionseigenschaften von Heusler-Legierungen. Sie konnte dadurch einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, ein theoretisches Konzept für die Wahl der Wärmebehandlungsparameter dieser Legierungen zu entwickeln.
Ein besonderes Augenmerk von Frau Waske liegt darauf, Lösungen für Anwendungsaspekte magnetischer Funktionsmaterialien zu finden. Wir sie in einem Übersichtsartikel darstellt, ist besonders die Formbarkeit dieser spröden Materialklasse zu für die Anwendung wichtigen filigranen Wärmetauscherstrukuren eine enorme Herausforderung. Frau Waske hat mit Ihrer Arbeitsgruppe hier völlig neue Konzepte vorgelegt, wie die Verwendung amorpher Legierungen als Matrixmaterial, oder die Anpassung der Pulver-im-Rohr-Technik für magnetokalorische Legierungen. Ihre Kenntnisse über Röntgenbildgebungsverfahren, insbesondere der 3D Röntgen-Mikrotomographie, setze sie gewinnbringend ein, um die hergestellten Halbzeuge zu prüfen und aus den analysierten Defekten Rückschlüsse für eine bessere Synthese zu ziehen. Auch die skalenübergreifenden mechanischen Eigenschaften und die Ermüdung dieser Funktionsmaterialien mit komplexer Mikrostruktur untersuchte Frau Waske, und trug somit dazu bei, zuverlässige Halbzeuge magnetokalorischer Materialien zu entwickeln. Diese Fähigkeit stellte sie auch in zwei von ihr geleiteten Industrieprojekten mit einem deutschen Großkonzern und einem koreanischen industrienahen Forschungsinstitut unter Beweis. So fand sie mit ihrer Gruppe überraschende Lösungen für die praktischen Fragestellungen der Projektpartner, indem sie beispielsweise kleinste Schwankungen der lokalen Porosität von magnetischen Schüttbetten mit bildgebenden Methoden detektierte.
Frau Waske führte in den letzten Jahren ihre Arbeitsgruppe am IFW Dresden mit einem sehr kollegialen und transparenten Führungsstil zum wissenschaftlichen Erfolg. Im Mai 2018 wurde sie zur Leiterin des Fachbereichs „Radiologische Verfahren“ der Bundesanstalt für Materialforschung in Berlin berufen. Dort verbindet sie nun weiterhin ihre beiden Talente: die Entwicklung neuer Funktionsmaterialien und deren Prüfung mit 3D-Röntgenbildgebung. Vor kurzem hat Frau Waske dabei ein bahnbrechendes neues Konzept zur Nutzung dieser Materialien für die Verstromung von Abwärme vorgestellt, das sie mit der ihr eigenen Hartnäckigkeit in Berlin weiterentwickeln wird. Neben ihrer beeindruckenden wissenschaftlichen Arbeit ist Frau Waske mit 39 Jahren bereits Mutter von zwei Kindern im Teenageralter, und somit ein hervorragendes Rollenmodell für nachrückende junge Wissenschaftlerinnen.
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