von Prof. Dr. Mathias Göken, Prof. Dr. Alexander Hartmaier und Prof. Dr. Martin Heilmaier
Die Deutsche Gesellschaft für Materialkunde verleiht die Heyn-Denkmünze 2020, die höchste ihr zur Verfügung stehende Auszeichnung, an Herrn Prof. Dr.-Ing. Gunther Eggeler von der Ruhr-Universität Bochum (RUB) für seine herausragenden Forschungsarbeiten im Bereich der Formgedächtnis- und Hochtemperaturlegierungen sowie für seinen außerordentlichen Einsatz für die Material- und Werkstoffforschung in Deutschland.
Gunther Eggeler, geboren in Mülheim an der Ruhr, hat bereits seine Schulausbildung in Erlangen genossen und anschließend an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Werkstoffwissenschaften studiert. Dort diplomierte er mit einer Arbeit über Versetzungsstrukturen in NaCl-Einkristallen nach Kriechbeanspruchung bei W. Blum und hat 1985 seine Promotion bei H. Kaesche über die Reaktion von niedriglegiertem Stahl mit Aluminiumschmelzen abgeschlossen. Es folgten drei Jahre als Postdoc an der Eidgenössische Technischen Hochschule in Lausanne (1985-87) bei Bernhard Ilschner, bevor er von dort für mehrere Jahre nach England in die Industrie ging. Dort bearbeitete er als Senior Principal Metallurgist bei ERA Technology mikrostrukturelle Aspekte der Lebensdauer von Hochtemperaturkomponenten. Er kehrte 1991 zurück nach Lausanne, wo er zum Privatdozenten habilitierte. Im Jahr 1995 folgte er schließlich einem Ruf an die Ruhr-Universität Bochum, wo er seitdem als Nachfolger von Professor Hornbogen den Lehrstuhl Werkstoffwissenschaft leitet.
Gunther Eggeler hat ein herausragendes wissenschaftliches Schaffenswerk zu verantworten. Über 440 Publikationen in Fachzeitschriften und sehr hohe Zitationszahlen zeugen sowohl von einer überaus aktiven wissenschaftlichen Tätigkeit als auch von deren Anerkennung in der Internationalen Fachwelt. Die von ihm bearbeiteten Forschungsgebiete sind weit gespannt, ein zentrales Element ist jedoch in allen Fällen die detaillierte mikroskopische Untersuchung der Verformungs- und Versagensmechanismen unter verschiedenen Belastungsbedingungen. Insbesondere liegt ein Schwerpunkt seiner Arbeiten auf dem in Deutschland traditionell besonders wichtigen Gebiet der Hochtemperaturverformung (Kriechen), wo seine theoretisch wie experimentell fundierten Arbeiten zu faserverstärkten Al-Legierungen, Cr-haltigen Hochtemperaturstählen und Nickelbasissuperlegierungen zum fundamentalen Verständnis der zu Grunde liegenden Verformungsmechanismen entscheidend beigetragen haben. Neuerdings sind dazu auch vielbeachtete Arbeiten zu den neuen Hochentropielegierungen zu zählen.
Der zweite Schwerpunkt seiner Arbeiten liegt seit nunmehr fast zwei Jahrzehnten auf dem Gebiet der Formgedächtnislegierungen. Es ist zweifellos sein Verdienst, im Rahmen des Sonderforschungsbereiches 459 „Formgedächtnistechnik“ die notwendigen metallurgischen Grundlagen hinsichtlich gezielter Einstellung der Legierungs- und Phasenzusammensetzung einschließlich den daraus resultierenden Eigenschaften im Sinne einer technologischen Umsetzbarkeit in die Anwendung gelegt zu haben.
Als besonders herausragend ist auch sein Einsatz für den materialwissenschaftlichen Forschungsstandort Bochum zu nennen, wozu er unter anderem durch seine Rolle als Sprecher von zwei Sonderforschungsbereichen beigetragen hat. Neben dem angesprochenen SFB 459 „Formgedächtnistechnik“ befindet sich auch der SFB/Transregio 103 „Superlegierungen“, den er zusammen mit seiner Alma Mater Erlangen gestartet hat, in der dritten Förderphase. Professor Eggeler ist es dabei insbesondere gelungen, eine sehr starke Brücke zwischen Simulation und Experiment zu bauen. Dies zeigt auch die strategische Weitsicht von Gunther Eggeler, der vor mehr als zehn Jahren bei der erfolgreichen Einwerbung und dem Aufbau des Interdisciplinary Center for Advanced Materials Simulation (ICAMS) sowie dessen Einbindung in die Forschung an der RUB eine entscheidende Rolle gespielt hat.
Sein Einsatz für die Weiterentwicklung des wissenschaftlichen Nachwuchses ist vorbildlich. So ist er nicht nur ein Mitantragsteller und sehr aktives Gründungsmitglied der International Max Planck Research School for Interface Controlled Materials for Energy Conversion (IMPRS-SurMat), sondern er setzt sich auch am Lehrstuhl und im SFB/TR 103 stark für die Belange des wissenschaftlichen Nachwuchses ein. Unter seiner wissenschaftlichen Betreuung wurden mehr als 50 Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler promoviert und fünf habilitiert. Diese Leistungen von Gunther Eggeler haben nationale und internationale Anerkennung gefunden. Im nationalen Umfeld ist er als Max Planck-Fellow am Max-Planck-Institut für Eisenforschung (MPIE) in Düsseldorf eingebunden und Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften. Er war auch als gewählter Fachkollegiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für das Fach Werkstoffwissenschaft aktiv. Seine außergewöhnliche internationale Sichtbarkeit zeigt sich nicht nur in seiner Adjunct Professorship am Materials Science Department der Ohio State University, sondern auch in Visiting Professorships an der UC Santa Barbara, dem Indian Institute of Science, der Kyoto University, der Tohoku University Sendai sowie der Xi‘an Jiaotong University. Darüber hinaus war er Chairman der für unser Fachgebiet sehr wichtigen Konferenzreihe International Conference on Strength of Materials (ICSMA). Schließlich hat Gunther Eggeler auch als Mitglied des Beraterkreises sowie des Preiskuratoriums II, als Leiter des Arbeitskreises Hochtemperaturverfomung und als Sprecher des Regionalforums Rhein-Ruhr unsere Deutsche Gesellschaft für Materialkunde (DGM) kontinuierlich und aktiv unterstützt. Mit der Verleihung der Heyn-Denkmünze ehrt die Deutsche Gesellschaft für Materialkunde in Herrn Professor Gunther Eggeler einen herausragenden Materialwissenschaftler, der sich in den letzten Jahrzehnten in vielfacher Weise um unser Fachgebiet „Materialwissenschaft und Werkstofftechnik“ verdient gemacht und dessen Ansehen und Leistungsfähigkeit gesteigert hat.
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