von Prof. Dr. Andreas Neidel
Meine sehr geehrten Damen und Herren, hochverehrter Preisträger!
Die gemeinsame Sozialisation in der ehemaligen DDR verbindet Laureat und Laudator und wird in dieser Laudatio eine gewisse Rolle spielen. Aber zuvor zu den fachlichen Meriten des diesjährigen Roland-Mitsche-Preisträgers. Dr. Jörg Trempler wird sich in unserer Fachgemeinde mitunter wie der Quoten-Kunststoffmann gefühlt haben, wo wir doch fast alle Metaller sind, weshalb wir uns ja auch bis auf den heutigen Tage nicht dazu durchringen konnten, die Metallographie-Tagung umzubenennen. Immerhin haben wir unseren Fachausschuss in FA Materialographie umbenannt. Der diesjährige Preisträger Dr. Trempler hat neben den Keramikern in unserer Fachgemeinde seinen Anteil daran, dass diese Umbenennung nicht ein bloßer Papiertiger war.
Ausgerechnet unsere Community hat sich der Preisträger als seine wissenschaftliche Heimat auserkoren, was nicht selbstverständlich war und durchaus nicht auf der Hand lag, haben doch die Kunststoffleute ihre eigenen aktiven und erfolgreichen Fachgesellschaften. Dieses sein Engagement für unsere Fachgemeinde war besonders wichtig zur Wende- und Nachwendezeit. Schaut man sich einmal die Teilnehmerverzeichnisse der Metallographie-Tagungen in den Wendejahren an, so fällt auf, dass nach dem anfänglichen Nachwende-Hype die Teilnehmerzahlen aus dem Gebiet der ehemaligen DDR doch merklich zurückgingen, was für die Vortragenden in besonderem Maße galt. Dr. Jörg Trempler hat sich diesem Trend immer entgegengestellt. In seiner aktiven Zeit hat er kaum eine Metallographie-Tagung versäumt und war als aktiver Teilnehmer praktisch immer mit einem Vortrag vertreten. In den letzten Jahren seiner aktiven Zeit bot er seine vielbeachteten Workshops zur Mikroskopie der Kunststoffe und Kunststoffverbunde an, die sehr beliebt waren und immer ihre Teilnehmer fanden. Der heute gleichnamige Arbeitskreis innerhalb unseres Fachausschusses hatte in Dr. Trempler seinen Mit-Gründer und langjährigen Leiter. Zu diesem seinem Thema führte er etwa 70 Workshops und Fortbildungsveranstaltungen durch. Mehr als 150 Veröffentlichungen und über 200 Vorträge tragen als Autor oder Ko-Autor seinen Namen. Auch ist er Ko-Autor des praxisorientierten Fachbuches Beobachtende und messende Mikroskopie in der Materialkunde. Am Lehrbuch Kunststoffprüfung ist er als Mitautor beteiligt.
Die wissenschaftliche Laufbahn des Preisträgers begann mit dem Studium der Verfahrenstechnik an der Technischen Hochschule Leuna-Merseburg. Dem schloss sich ein Metallographie-Studium an der Ingenieurschule Hennigsdorf an. In der ehemaligen DDR konnte man das Fach Metallographie studieren und es ist gut, dass dies an der Hochschule Aalen seit einigen Jahren wieder möglich ist. An der TH Leuna-Merseburg hat Dr. Trempler diplomiert und dortselbst im Jahre 1992 auch promoviert mit einer Arbeit zum Thema Beitrag zur Aufklärung des Zusammenhangs zwischen Molekülorientierung und Polymerwerkstoffeigenschaften mittels lichtoptischer Methoden. Ein Jahr später ging er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, wo er bis zu seinem Ruhestand im Jahre 2011 blieb. Bereits seit 1972 hielt er dort Vorlesungen auf verschiedenen Gebieten. Die Vielseitigkeit des Kunststoffmannes Trempler zeigt wohl auch die Tatsache, dass er ab dem Jahre 1970 aktiv ausgerechnet in der Deutschen Gesellschaft für Kristallographie mitarbeitete. Aber dort waren eben die mikroskopischen Methoden zu Hause.
Auch unter den manchmal etwas widrigen Bedingungen der Nachwendezeit war Dr. Jörg Trempler in den entscheidenden Jahren immer Integrationsfigur verschiedener Fachgebiete und zwischen Ost und West. In der ihm eigenen Bescheidenheit hat er wenig darüber gesprochen. Aber auch für diese Leistung wird er heute ausgezeichnet.
Die Mitgliedschaft in der KdT, der Kammer der Technik der ehemaligen DDR, ist ein weiteres Element, dass Preisträger und Laudator miteinander verbindet. Es ist ein Glücksfall für unsere Fachgemeinde, dass wir ausgerechnet zur Wendezeit mit Prof. Günter Petzow einen DGM-Vorsitzenden und mit Prof. Michael Pohl einen Fachausschussvorsitzenden hatten, für die der zügige Zusammenschluss der Materialographien von KdT und DGM eine Selbstverständlichkeit war. Im diesjährigen Roland-Mitsche-Preisträger Dr. Jörg Trempler war damals ein Mitstreiter gefunden, ein Macher für die erforderlichen Umgestaltungen. Nachfolgende Generationen haben davon enorm profitiert. Der Laudator ist dankbar dafür.
Herzlichen Glückwunsch, Dr. Jörg Trempler!
Über den Roland-Mitsche-Preis:
Der Roland-Mitsche-Preis wird zur Erinnerung an den Mentor der österreichischen Metallkunde, dem ersten Inhaber des Lehrstuhls für Metallkunde und Werkstoffprüfung an der Montanuniversität Leoben und dem Gründer der internationalen Leobener Metallographie-Tagungen, gestiftet. Stifter dieses Preises sind der Fachverband der NE-Metallindustrie Österreichs, der technisch-wissenschaftliche Verein ASMET und die DGM.
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