Die DGM zeichnet Mitglieder durch die Verleihung der „Ehrenmitgliedschaft der Deutschen Gesellschaft für Materialkunde e.V.“ aus, die sich in materieller oder ideeller Hinsicht um die Gesellschaft besonders verdient gemacht haben.

Die diesjährigen Ehrenmitgliedschaften werden verliehen an Frau Heide-Marie Dietel und Prof. Dr. Reinhard Pippan.

Laudatio für Frau Heide-Marie Dietel

Ehrenmitgliedschaft 2025

Die Deutsche Gesellschaft für Materialkunde (DGM) verleiht Frau Heide-Marie Dietel die Ehrenmitgliedschaft. Damit wird ein Lebenswerk gewürdigt, das durch fachliche Exzellenz, Pioniergeist und langjähriges Engagement in der Metallographie geprägt ist.

Heide-Marie Dietel wurde 1940 in München geboren und wuchs nach den Kriegsjahren in Bayreuth und Aachen auf. Ihre berufliche Laufbahn begann 1957 mit einer Ausbildung zur Chemielaborantin an der Technischen Hochschule Aachen. Bald darauf folgte eine zweite Ausbildung zur Metallographin am Institut für Eisenhüttenwesen der TH Aachen – eine Weichenstellung, die ihr gesamtes Berufsleben prägen sollte.

Nach Stationen bei der Allianz AG im Zentrum für Technik in Ismaning und bei der Steigerwald Strahltechnik GmbH, wo sie ein metallographisches Prüflabor aufbaute, wagte sie 1982 den Schritt in die Selbstständigkeit. Mit Unterstützung von Wegbegleitern wie Dr. Klingele und Dr. Peters gründete sie in München ihr eigenes metallographisches Labor, das sie über zwei Jahrzehnte erfolgreich führte. Zu ihren Kund*innen zählten namhafte Unternehmen wie Audi, Siemens, BMW, MTU, OSRAM und viele weitere.

Neben ihrem beruflichen Wirken förderte Dietel stets den fachlichen Austausch. Mit der Gründung des Metallographie-Stammtisches München schuf sie eine Plattform, die bis heute Kolleg*innen zusammenbringt und den informellen Wissensaustausch stärkt.

1996 verlagerte sie ihre Arbeit nach Bayreuth, wo sie bis 2009 weiterhin metallographische Untersuchungen für langjährige Partner durchführte. Mit dem Ende ihrer aktiven Tätigkeit blieb ihre Leidenschaft für das Fach erhalten. Die von ihr gegründete Boris-Dietel-Stiftung setzt seither bleibende Akzente. Im Mittelpunkt steht die Förderung junger Menschen in handwerklich-technischen Berufen – ganz im Sinne ihres Leitgedankens, Jugendlichen einen Beruf zu ermöglichen, der ihren Fähigkeiten und Neigungen entspricht, sie erfüllt, fordert und ihnen Aufstiegsmöglichkeiten eröffnet, auch ohne Studium.

Seit Ende 2023 unterstützte die Boris-Dietel-Stiftung die Nachwuchsförderung der DGM regelmäßig mit großzügigen Spenden. Diese Geste spiegelt den Wunsch der Stiftungsgründerin wider, den Nachwuchs zu stärken und auch nicht-akademische Wege einzubeziehen.

Mit der Ehrenmitgliedschaft würdigt die DGM das außergewöhnliche Wirken von Heide-Marie Dietel – eine Pionierin der Metallographie, die ihr Fachgebiet über Jahrzehnte mitgeprägt und mit ihrer Stiftung weit in die Zukunft hinein Wirkung entfaltet.

Interview


Laudatio für Univ. Prof. Dr. Reinhard Pippan

DGM-Ehrenmitgliedschaft 2025

von Prof. Dr. Gunther Eggeler

Die wissenschaftliche Karriere des österreichischen Materialwissenschaftlers Reinhard Pippan, einem 1954er Jahrgang, begann mit einem Physikstudium, das er als Kärtner in der Steiermark, an der TU Graz, in den Jahren 1974 bis 80 absolvierte. Er blieb dann in der Steiermark, wo er ins nahegelegene Leoben wechselte, und bei Prof. H.P. Stüwe, als Mitglied des Erich Schmid Instituts (ESI) an der Montanuniversität Leoben zum Doctor rerum montanarum (kurz: Dr. mont., Doktor der Bergbauwissenschaften) promovierte. Am ESI blieb er dann, dort konnte er eine eindrucksvolle wissenschaftliche Karriere verwirklichen. Formale Stationen waren seine Habilitation in Festkörperphysik an der Montanuniversität Leoben im Jahr 1991, seine Ernennung zum stellvertretenden Direktor des ESI 1996, eine Funktion, die er bis zu seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst 2019 innehatte, und die Ernennung zum Universitätsprofessor an der Montanuniversität Leoben im Jahr 2004. In seinen frühen Leobener Jahren publizierte er zu damals fortgeschrittenen Themen der Bruchmechanik, es ging zum Beispiel um die Bildung plastischer Zonen vor Rissspitzen, um das Wachstum kleiner Risse unter zyklischer Druckbeanspruchung und um Rissschließphänomene im Vakuum. Schon in diesen frühen Arbeiten spielten sowohl das materialwissenschaftliche Verständnis als auch die experimentelle Methodik eine zentrale Rolle. Es war dann ein weiter erfolgreicher wissenschaftlicher Weg, von der frühen Bruchmechanik in den 80er Jahren, zu seiner Forschung im neuen Jahrtausend. Es ging nach wie vor um mechanische Eigenschaften, aber neu hinzu kam die Nanostrukturierung von Reinmetallen und Legierungen durch starke plastische Verformung für die Entwicklung hochfester Werkstoffe für kritische Komponenten in unterschiedlichsten Technikfeldern. Auch heute ist Reinhard Pippan noch aktiv, hält engen Kontakt zum ESI und er zeichnet als Koautor auf aktuellen Veröffentlichungen in internationalen Fachzeitschriften mit. Sein wissenschaftliches Oeuvre weist ihn als Autor/Koautor von über 550 Publikationen aus, sein h-Index liegt bei 75 (Web of Science, Core Collection, Juli 2025).

Reinhard Pippan ist nicht nur ein Leobener Urgestein, das dem ESI innere Stabilität verlieh, als über die Jahrzehnte die Direktoren wechselten. Er hat vor allem eine Vielzahl junger Leobener Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die heute Professuren in aller Welt bekleiden, für die Forschung ausgebildet und entscheidend geprägt/mitgeprägt. Er war sich seiner wissenschaftlichen Kompetenz wohl bewusst, blieb aber gerne im Hintergrund, wenn öffentlichkeitswirksame Auftritte vermieden werden konnten.

Seine freundliche Bescheidenheit verhinderte nicht, dass er von der internationalen materialwissenschaftlichen Scientific Community früh als exzellenter Werkstoffforscher wahrgenommen und geschätzt wurde. Von der DGM, der er seit 2003 als Mitglied angehört, erhielt er im Jahr 2009 die Tamman Gedenkmünze. Ihm wurden 2014 die Wöhler Medal der European Structural Society und 2016 der THERMEC Distinguished Award zuerkannt. Er war im Drittmittelbereich erfolgreich und warb hochdotierte Forschungsprojekte ein, darunter ein Christian Doppler Labor (2003-2010) und einen ERC Advanced Grant (2014-2019). Diese Projekte erlaubten ihm, seine Forschung auf breiter Front voranzutreiben und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in frühen Karrierephasen zu fördern. Er wurde von internationalen Kolleginnen und Kollegen als Mitglied des internationalen Committees der ICSMA (International Conference for Strength of Materials) gewählt. Sein eindrucksvolles Wirken als Wissenschaftler und Hochschullehrer wurde von Leobener Kollegen im Editorial des Sonderhefts der Fachzeitschrift Advanced Engineering Materials aus Anlass seines 70sten Geburtstags ausführlich gewürdigt (AEM 2024); zum Sonderheft aus Anlass dieses Jubiläums lieferten zahlreiche Fachkollegen aus aller Welt Beiträge.

Dass Reinhard Pippan als Kärtner gut Schifahren kann, ist nicht ungewöhnlich. Bemerkenswert ist, dass sich um dieses Hobby die abenteuerlichsten Geschichten ranken, die im Laufe der Jahre immer farbiger ausgeschmückt werden. So etwa, dass er, nachdem man ihn unter einer Lawine ausgegraben hatte, noch seine Tageskarte zu Ende herausfuhr. Dass seine Frau Sigrid, die ihn unterstützte wo sie konnte und ihm über die Jahrzehnte den Rücken freihielt, das Schifahrhobby auf hohem Niveau mit ihm teilt, darf hier auch kurz erwähnt werden.

Die Ehrenmitgliedschaft der DGM erhält Reinhard Pippan aber nicht für seine Leistungen als Schifahrer. Die DGM verleiht ihm die Ehrenmitgliedschaft, für seine exzellenten Leistungen als Materialwissenschaftler in den Bereichen Mechanische Werkstoffeigenschaften und Werkstoffprocessing, für seine stets konstruktiven Beiträge zum Tagesgeschäft unserer wissenschaftlichen Community und insbesondere für seine wichtige Rolle bei der Förderung junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die jetzt wichtige Positionen bekleiden und von denen einige heute auch unsere DGM mitprägen.

Interview

DGM-Tag 2025
22.-23.10.2025 Chemnitz und online

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