von Prof. Dr. Reinhard Pippan
Wissenschaftlicher Fortschritt ist immer eine Gemeinschaftsleistung. Doch einzelne Persönlichkeiten liefern oft die entscheidenden Ergebnisse und Deutungen, die dann in neuen Vorstellungen und Erklärungen münden. Dr. Oliver Renk ist eine solche Persönlichkeit und wurde daher mit dem Masing-Gedächtnispreis der DGM ausgezeichnet. Wer einmal mit ihm diskutiert hat, erkennt sehr rasch seine außergewöhnliche Begeisterung und Leidenschaft für Materialwissenschaften, sein umfassendes metallphysikalisches Literaturwissen und hier nicht nur die Arbeiten der letzten 30 Jahre, die einfach über Internet zugänglich sind. Er ist vertraut mit den Ideen aus den Anfangsjahren der Materialphysik und deren geschichtlicher Entwicklung. Seine Gabe materialphysikalische Probleme zu erfassen, sie einzuordnen, materialphysikalisch zu durchdringen und mögliche Lösungsansätze auszuarbeiten schätzen nicht nur seine Kollegen, sondern sehr viele wissenschaftliche Partner und auch Konkurrenten. Seine Art in der Community darüber offen zu diskutieren wird sehr geschätzt. Seine Forschungsziele verfolgt er mit ausgesprochener Hartnäckigkeit. Er publiziert nichts, was er nicht mehrfach verifiziert hat und die möglichen Erklärungen werden stets sorgfältig gegeneinander abgewogen. Seine didaktisch hervorragend vorbereiteten Vorträge machen ihn zu einem sehr beliebten Sprecher bei Tagungen, er kann auch schon auf eine erhebliche Anzahl eingeladener Vorträge bei großen internationalen Tagungen hinweisen.
Oliver Renk hat an der Montanuniversität Leoben Werkstoffwissenschaft studiert und mit der höchsten Auszeichnung für Studierende, dem Rektor Platzer Ring, abgeschlossen. In seiner Diplomarbeit hat er sich mit dem Ermüdungsverhalten von nanokristallinen austenitischen Stählen beschäftigt und erste entscheidende Beiträge zum Phänomen „Hardening by annealing“ geliefert. In seinem weiteren Wirken konnte er wohl erstmals klar zeigen, dass Segregation zur Korngrenze nicht unbedingt erforderlich für das Auftreten dieses Effekts ist; eine Abnahme der Versetzungsquelldichte in bestimmten Korngrößenbereich können schon ausreichen, um eine Festigkeitssteigerung hervorzurufen. Seine Dissertation hat er am Erich Schmid Institut für Materialwissenschaft der Österreichischen Akademie der Wissenschaften durchgeführt und ebenfalls mit Auszeichnung abgeschlossen. Zur Aufklärung der Ursachen für das Auftreten einer Sättigung in der Härte bei sehr hohen Kaltverformungen konnte er mit seinen quasi in-situ Experimente entscheidend beitragen. Die verformunginduzierte Korngrenzenbewegung, welche für die Einstellung eines Steady State Zustand der Mikrostruktur bei sehr hohen Verformungen erforderlich ist, konnte er direkt sichtbar machen. In den ersten beiden Jahren als Postdoc setzte er diese Arbeiten zur Strukturentwicklung bei hohen Verformungen fort. Seine Arbeiten zur Mikro- und Nanostruktureinstellung bei sehr hohen Verformungen zählen heute schon zu den Klassikern auf diesem Gebiet. 2018 nahm er eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Erich Schmid Institut für Materialwissenschaft an, wo er seine Forschungsarbeiten zu Struktur und Eigenschaftsbeziehung ultrafeinkörniger und nanokristalliner Werkstoffe fortsetzte und auf Composite erweiterte.
Besonders hervorzuheben sind die Arbeiten zu bio-degradierbaren Magnesium Eisen Nanocomposite mit extrem hoher Festigkeit und einstellbarer Auflösungsgeschwindigkeit. Die Entwicklung solcher Werkstoffe ist von extrem hoher Dringlichkeit in der Medizin. Hierzu hat er sehr intensive Kontakte mit der Medizin und der Korrosionscommunity gestartet und erste große Erfolge erreicht. Nach einem kurzen Forschungsaufenthalt an der EMPA in Thun in der Schweiz 2022 in der Gruppe für Tieftemperatur Mikromechanik wechselte Herr Renk an das Department für Materialwissenschaft auf den Lehrstuhl für Physikalische Metallurgie (früher Metallkunde) an der Montanuniversität, wo er derzeit Gruppenleiter für den Bereich Charakterisierung und Design von Interfaces ist. Sein Arbeitsfeld hat sich auf ein breites Feld metallischer Materialien erweitert. Phasenumwandlung, Plastizität, Festigkeit, und die Rolle der Korn- und Phasengrenzen sind zurzeit seine Forschungsschwerpunkte, also wichtige Fragestellungen der Metallphysik, die schon von Georg Masing angestoßen wurden.
DGM-Tag 2025
22.-23.10.2025 Chemnitz und online
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