von Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Christof Sommitsch
Der kommerzielle Flugverkehr hat im Jahr 2019 weltweit etwa 915 Mio. Tonnen CO2 produziert. Aus diesem Grund hat sich die Europäische Kommission zum Ziel gesetzt, bis 2050 Klimaneutralität in der Luftfahrt zu erreichen, was auch für Europa eine Verpflichtung darstellt. Um dieses Ziel zu verwirklichen, benötigt man umweltfreundlichere und leichtere Flugzeuge (z.B. hybrid-elektrische Flugzeuge oder mit Brennstoffzellen betriebene Elektromotoren). Die von Prof. Sergio Amancio Anfang 2000 initiierte und weltweit etablierte werkstoffingenieurwissenschaftliche Pionierarbeit im Bereich Metall-Verbundwerkstoff-Hybridstrukturen (MVH), weist das Potenzial auf, die CO2-Emissionen durch Gewichtsreduzierung in der Luftfahrt und Automobilindustrie zu verringern. Prof. Amancio und sein Team kombinieren werkstoffwissenschaftliches Wissen, preisgekrönte, schnelle und energieeffiziente neue Festphase-Fügeverfahren und neuartige additive Fertigungstechniken, um diese Probleme wissenschaftlich zu bewältigen.
Der Übergang von Metall- zu leichten Hybridstrukturen erfordert in der Regel neue Füge- und Additive Fertigungsverfahren. Die neuartigen, vom Team um Prof. Amancio patentierten Festphasen-Fügetechniken sind in der Regel über 90% energieeffizienter als das herkömmliche Schmelzfügeverfahren, das eine Energieeffizienz zwischen 30%-70% aufweist (z.B. das Laserfügen). Des Weiteren hat Prof. Amancio gemeinsam mit seinem ehemaligen Doktoranden Dr.-Ing. Falck ein neuartiges 3D-Druckerfahren entwickelt, das die Herstellung von MVH ohne den Einsatz teurer Formwerkzeuge ermöglicht. Das Verfahren nutzt das Fused Filament Fabrication (FFF) Verfahren, um additiv-gefertigte oder gewöhnliche Metallteile zu hybridisieren und so in wenigen Minuten komplexe Leichtbaugeometrien aus Metall- Verbundwerkstoff-Werkstoffverbund zu erzeugen. Diese neuen Fertigungsverfahren werden in Graz in enger Zusammenarbeit mit der Industrie und akademischen Partnern aus Österreich, Deutschland, Russland, Schottland, USA und Brasilien weiter erforscht.
Der Schwerpunkt der wissenschaftlichen Arbeit von Herrn Prof. Amancio liegt in der Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Mikrostruktur, mechanischen Eigenschaften und Herstellungsverfahren. Mittels seiner hervorragenden Werkstoffkenntnis, verbunden mit seiner Gabe, Prozesse zu verstehen und zu optimieren, gelingt es Prof. Amancio, das neue Forschungsfeld „Metall-Verbundwerkstoff-Hybridstrukturen“ weltweit zu etablieren.
Herr Univ.-Prof. Dr.-Ing. Sergio Amancio hat innerhalb weniger Jahre eine einzigartige Expertise in der werkstoffkundlichen Entwicklung von Füge- und additiven Fertigungsverfahren erlangt. Seit März 2018 ist Herr Amancio Universitätsprofessor für Luftfahrtwerkstoffe und -fertigungstechnik am Institut für Werkstoffkunde, Fügetechnik und Umformtechnik (IMAT) an der Technischen Universität Graz (TU Graz), wo er gleichzeitig stellvertretender Institutsleiter und Leiter der Stiftungsprofessur für Luftfahrt des österreichischen „Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie“ (BMK) ist. Zuvor war Prof. Amancio Juniorprofessor für Fügetechnik am Institut für Kunststoffe und Verbundwerkstoffe der Technischen Universität Hamburg (TUHH) und Leiter einer Helmholtz-Nachwuchsgruppe am Helmholtz-Zentrum Hereon (ehem. Helmholtz-Zentrum Geesthacht).
Seine bahnbrechenden Forschungsergebnisse im Bereich Leichtbau-Hybridstrukturen publiziert er in hochrangigen, von Experten begutachteten Zeitschriften in den Fachgebieten Werkstoffkunde und Fertigungsverfahren. Seine veröffentlichten Arbeiten wurden zahlreich von anderen Wissenschaftler*innen zitiert, was angesichts des angewandten Forschungscharakters seiner Arbeit eine ausgezeichnete Würdigung für einen Forscher in der Mitte seiner Laufbahn ist. Darüber hinaus wurden Herrn Amancio zahlreiche Patente für die Erfindung von neuen Fertigungsverfahren erteilt. Zudem gewann er mehrere hochrangige wissenschaftliche Preise, darunter den Henry Granjon Preis im Jahr 2009, einen der renommiertesten Preise der Schweißtechnik sowie den DGM Georg-Sachs-Preis 2013 für seinen Beitrag im Bereich Leichtbau-Materialhybride. Die Auszeichnungen und die quantitativ wie qualitativ hervorragende Publikationsleistung haben Herrn Prof. Amancio zu einem Leistungsträger der TU Graz gemacht.
Basierend auf all diesen erzielten Erfolgen beantragte Prof. Sergio Amancio die Einrichtung einer der begehrten Helmholtz-Hochschul-Nachwuchsgruppen, welche er bei Helmholtz- Zentrum Hereon und an der TU Hamburg erfolgreich leitete. Zwischen 2011 und 2018 betreute Herr Prof. Amancio als Juniorprofessor an der TUHH mehrere akademische Thesen und Dissertationen, die er größtenteils mithilfe von erworbenen Drittmitteln zusätzlich finanziert hat. Fokus der akademischen Arbeiten war die Erforschung und Weiterentwicklung der Hybridmaterialien. Daraus resultierend wurde seine wissenschaftliche Laufbahn als Juniorprofessur mit dem Prädikat sehr gut evaluiert. Dies erlaubte Herrn Amancio den direkten Wechsel von Junior- zum Universitätsprofessor (verg. W3-Professur in Deutschland) an der TU Graz im Jahr 2018. Zudem erhielt er die Aufgabe, die in Österreich sehr begehrte BMK-Stiftungsprofessur - mit dazugehörendem hervorragendem Forschungsbudget - am IMAT zu leiten. Prof. Amancios Stiftungsprofessur wird zur Hälfte vom BMK, ein Viertel von der Gastgeberuniversität und ein Viertel von den Unternehmen voestalpine, Diamond Aircraft, TCM International und Fuchshofer finanziert.
Die ingenieurwissenschaftliche Qualität der FuE-Themen von Prof. Amancio erweckte die Aufmerksamkeit der internationalen Community, was zu zahlreichen eingeladenen Vorträgen in verschiedenen Ländern führt, zur Teilnahme in Fachbeiräten und -gremien sowie zu zwei internationalen Gastprofessuren: eine außerordentliche Professur („Adjunct Professor“) an der Ohio State University in den USA sowie eine „Visiting Professorship“ an der Peter the Great St. Petersburg Polytechnic University in Russland, beide im Bereich Schweißen und Additive Fertigung. Nicht nur Prof. Amancio sondern auch seine ehemaligen Doktorand*innen sind Träger von renommierten Auszeichnungen für ihre akademischen Leistungen, wie zuletzt Frau Dr.-Ing. Natascha Zocoller, die mit dem Karl H. Ditze Preis 2021 (Karl H. Ditze Stiftung, Hamburg) für ihre Doktorarbeit geehrte wurde.
Prof. Amancio leitet seine Arbeitsgruppe am IMAT mit großer Begeisterung. Er wird sowohl von seinen Mitarbeiter*innen als auch Arbeitskolleg*innen aufgrund seines freundlichen und konsequenten Führungsstils geschätzt. Seine Forschungsarbeiten betreibt er zugleich zielorientiert und intensiv. Die Ambition, berufliches nicht nur gern sondern auch gut zu tun, teilt er mit seiner Frau Gisele Amancio. Als engagierte Managerin eines Forschungsunternehmens in Österreich teilt sie die Leidenschaft ihres Mannes zur Wissenschaft. In seiner Freizeit geht Prof. Amancio zusammen mit seiner Ehefrau gern in den wunderschönen Bergen Österreichs wandern. Das brasilianische Ehepaar Amancio lebt seit 2001 in Europa und besucht ihre Familien und Freunde regelmäßig in der Heimat.
Ich gratuliere Prof. Sergio Amancio herzlich zu dieser Auszeichnung und freue mich auf die zukünftige wissenschaftliche Zusammenarbeit!
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