von Prof. Dr. Gunther Eggeler, Prof. Dr. Haël Mughrabi
Prof. Dr. Michael J. Mills hat in den letzten 3 Jahrzehnten unter Einsatz der analytischen Elektronenmikroskopie Elementarprozesse erforscht, die das Verformungs- und das Umwandlungsverhalten von strukturellen und funktionellen Ingenieurwerkstoffen bestimmen. Er hat entscheidende Beiträge zum Verständnis von Nickelbasis-Superlegierungen, hochfesten Aluminiumlegierungen, NiTi-Formgedächtnislegierungen und angelassener martensitischer Stähle geleistet. Er hat mit seiner Gruppe dazu beigetragen, dass die von ihm erarbeiteten neuen mikrostrukturellen Erkenntnisse in Materialmodelle einfließen, die sowohl im Bereich der Grundlagenforschung als auch für industrielle Anwendungen auf starkes Interesse gestoßen sind. An der Ohio State University (OSU), hat er mit seiner Gruppe neue elektronenmikroskopische Techniken für Anwendungen im Werkstoffbereich entwickelt und an zentraler Stelle dafür gesorgt, dass diese Techniken heute aus der Materialforschung an modernen Struktur- und Funktionswerkstoffen nicht mehr wegzudenken sind.
In den letzten Jahren hat Mike Mills vor allem an Ni-Basis Superlegierungen gearbeitet, die in den heißesten Teilen von Gasturbinen für Flugtriebwerke und Kraftwerke eingesetzt werden, wo sie extremen Beanspruchungen standhalten müssen. Hier konnte Mike Mills zum Beispiel zeigen, dass die Zwillingsbildung, die man gemeinhin als Tieftemperaturvorgang auffasst, auch bei der Hochtemperaturplastizität eine wichtige Rolle spielt. Diffusionskontrollierte Umordnungsprozesse auf atomarer Ebene bestimmen die Scherung der geordneten γʼ-Phase entscheidend mit. Diese Ergebnisse aus der Gruppe von Mike Mills zeigen beispielhaft, welche wichtige Rolle der lokalen chemischen Analyse auf atomarer Ebene bei der Erforschung komplexer Werkstoffe zukommt. Mike Mills hat 1985 an der Stanford University bei Professor William D. Nix (Heyn-Denkmünze der DGM: 2011) promoviert. Danach forschte er für drei Jahre (1985-1988) an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Lausanne (EPFL)/Schweiz bei Prof. Jean-Luc Martin, wo er die Kerne von Versetzungen mittels der hochauflösenden Durchstrahlungselektronenmikroskopie untersuchte. Nach der Postdoc-Zeit in Lausanne trat er als Senior Member of Technical Staff dem US Sandia National Lab in Kalifornien bei, wo er von 1988 bis 1994 arbeitete. Von dort aus etablierte er sich weltweit als ausgewiesener TEM-Forscher. Als experimenteller Materialforscher pflegte er enge Kontakte zu theoretischen Grundlagenforschern, mit denen er gemeinsam erfolgreich publizierte. Seit 1994 ist er Hochschullehrer an der OSU, wo er die dortige TEM-Gruppe erheblich verstärkte. Hier wandte er sich sehr erfolgreich TEM-Untersuchung komplexer Ingenieurwerkstoffe zu. Seit 2018 ist er Chairman des Materials Science Departments der OSU. Auch jetzt, trotz umfangreicher Aufgaben in Administration und Lehre, ist er weiterhin mit großem Erfolg in der Forschung tätig, mit einem weit überdurchschnittlichen Forschungsoutput (h-Index in der Web of Science Core Collection nahe 60). Mike Mills hat zweimal (in den Jahren 2000/Monterey/USA und 2018/Columbus/USA) die internationale Tagung zur Festigkeit von Werkstoffen (die ICSMA: International Conference on Strength of Materials) organisiert. Dies drückt das Vertrauen und die Wertschätzung aus, die er in der internationalen wissenschaftlichen Community genießt.
Mike Mills hat in seiner gesamten wissenschaftlichen Laufbahn engen Kontakt zur Werkstoff-Forschung in Deutschland gepflegt. Als Gastprofessor verbrachte er mehrere Monate an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena und an der Ruhr-Universität Bochum (RUB). Auch mit der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) unterhält er seit vielen Jahren enge Kontakte, insbesondere über wissenschaftliche Wechselwirkungen im Umfeld der ICSMA. An der OSU wirkte er als wissenschaftlicher Gastgeber für mehrere Postdocs von den drei genannten deutschen Universitäten, von denen einige erfolgreiche wissenschaftliche Laufbahnen einschlugen. Neben diesen langjährigen wissenschaftlichen Beziehungen hat sich Mike Mills auch sonst in vielfacher Weise um die Materialforschung in der Bundesrepublik Deutschland verdient gemacht. So gehörte er etwa dem Beraterkreis des Max-Planck-Instituts für Eisenforschung in Düsseldorf an. Außerdem leitet er seit 2012 den wissenschaftlich akademischen Beraterkreis des SFB/TR 103, in dem die Universitäten Erlangen und Bochum gemeinsam an einkristallinen Superlegierungen forschen. Regelmäßig hat er an den wissenschaftlichen Treffen des SFB/TR 103 teilgenommen. Er konnte mit seiner wissenschaftlichen Kompetenz dazu beitragen, dass das von ihm begleitete Verbundprojekt erfolgreich durch alle drei Antragsphasen kam.
Die wissenschaftlichen Leistungen von Mike Mills wurden vielfach gewürdigt. In den USA wurde er unter anderem mit einem Outstanding Research Award des Department of Energy, dem Jacquet-Lucas Award der International Metallographic Society, mit Fellowships der American Society of Metals und der Metals, Minerals, and Materials Society (ASM und TMS), sowie dem Oleg Sherby Award der TMS ausgezeichnet. In Deutschland war er 1996 Fellow der Alexander von Humboldt Gesellschaft (AvH) und erhielt 2019 den AvH Forschungspreis, die höchste Auszeichnung für ausländische Wissenschaftler der Bundesrepublik Deutschland. Die Werkstoffwissenschaften spielen für Mike Mills eine ganz besondere Rolle, die sich nicht nur auf seine Kontakte mit Fachkollegen beschränkt. Auch seine ganze Familie ist engstens mit den Werkstoffwissenschaften verbunden. So hat seine Ehefrau Cecilia einen akademischen Grad in Metallurgical Engineering, und die Kinder Sean und Leah haben beide einen Abschluss in Materials Science and Engineering. Sean hat seinen PhD schon abgeschlossen, während Leah noch daran arbeitet. Neben diesem wissenschaftlichen Engagement sind alle Familienmitglieder auch in 3 vielfältiger Weise sportlich begeistert und engagiert, vor allem beim Skifahren, auch mit deutschen Freunden und Kollegen, und auch in anderen Sportarten (Golf, Tennis und Body Surfing).
Mit der Verleihung ihrer höchsten Auszeichnung, der Heyn Denkmünze, ehrt die Deutsche Gesellschaft für Materialkunde Mike Mills für seine wegweisenden Beiträge zur Aufklärung elementarer Verformungs- und Umwandlungsprozesse mit modernen Techniken der analytischen Elektronenmikroskopie und würdigt darüber hinaus auch seine jahrelange fachliche Kooperation mit deutschen Fachkollegen.
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