Licht kann Supraleitern auf die Sprünge helfen

Supraleitung bei Raumtemperatur in technischen Anwendungen lässt auf sich warten. Doch seit der Entdeckung der Hochtemperatur-Supraleiter erkunden Forscher immer neue Werkstoffe und Wege, um schließlich an dieses Ziel zu gelangen.

Seit ihrer Entdeckung – Georg Bednorz und Karl Alexander Müller wurden dafür 1987 mit dem Physik-Nobelpreis ausgezeichnet – wurde eine Unzahl mittel- und hochtemperatur-supraleitender Materialien gefunden. Hierzu zählen etwa Cuprate, das sind chemische Verbindungen, die ein kupferhaltiges Anion enthalten, Magnesiumdiborid (MgB2), eine intermetallische Verbindung mit einer Sprungtemperatur von 39 K, oder Eisen-basierte Pniktide. Dabei handelt es sich um Verbindungen mit Anionen aus der fünften Hauptgruppe des Periodensystems der Elemente. 

Während also die Materialwissenschaft der Supraleiter inklusive der traditionellen Tieftemperatur-Supraleiter auf Basis von Niob-Titan (NbTi) und Niob-Zinn (Nb3Sn) Fortschritte gemacht hat, "sind noch große Anstrengungen erforderlich, um bestehende oder neue Hochtemperatur-Supraleiter-Materialien für praktische Anwendungen zu verbessern oder neue Hochtemperatur-Supraleiter-Materialien für praktische Anwendungen zu entdecken, sowie effektivere Materialverarbeitungs-, Mikrofabrikations- und Kryotechnologien zu entwickeln", konstatieren die Herausgeber in ihrem Vorwort zu "Superconductivity - From Materials Science to Practical Applications". Die Autoren wollen die Lücke zwischen Materialwissenschaft und der Werkstoff-Anwendung in Supraleitern überbrücken und zu einem besseren Verständnis der fundamentalen Phänomene beitragen, die supraleitenden Materialien zugrunde liegen.

Dabei gibt es immer wieder Neues zu entdecken. Vor einiger Zeit fand eine Forschergruppe um Andrea Cavalleri am Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie (MPSD) in Hamburg heraus, dass Lichteinstrahlung Einfluss auf die Supraleitfähigkeit von Materialien hat: "Die optische Anregung bei Terahertz-Frequenzen hat sich als effektives Mittel zur dynamischen Manipulation komplexer Materialien erwiesen. Im molekularen Festkörper K3C60 verwandeln kurze Pulse im mittleren Infrarot das Hochtemperaturmetall in einen Nicht-Gleichgewichtszustand mit den optischen Eigenschaften eines Supraleiters", schrieben die Wissenschaftler im Mai 2018 in der Zeitschrift "Nature Physics". Bei K3C60 handelt es sich um ein Fulleren. Wie Kohlenstoffnanoröhren zählen Fullerene zu den Kohlenstoffalltropen, die sich geometrisch als aufgerollte Graphenstreifen und Graphenstücke verstehen lassen, beschreibt Peter Wellmann in "Materialien der Elektronik und Energietechnik", Seite 156. In C60 - oder C70 -Molekülen ordnen sich die Kohlenstoffatome kugelförmig zu sogenannten "Buckyballs" an. Schon bald nach ihrer erstmaligen Beschreibung 1985 in "Nature" zeigte sich, dass Fullerene trotz ihrer stabil erscheinenden Form chemisch sehr reaktionsfreudige Verbindungen sind. Großes Aufsehen habe in diesem Zusammenhang die Erkenntnis erregt, dass die elektrische Leitfähigkeit von C60 um mehrere Größenordnungen erhöht werden kann, wenn man es mit dem Element Kalium als Elektronenspender bedampft, berichtete Joachim Dettmann 1994 in dem Buchkapitel "Chemie der Fullerene".

Verschwindender elektrischer Widerstand

Auf K3C60 richten Forscher ein besonderes Augenmerk. Ist das Fulleren möglicherweise Kandidat für einen technisch nutzbaren Hochtemperatur-Supraleiter? Dem MPSD-Team ist es jetzt gelungen, in dem molekularen Festkörper einen metastabilen Zustand zu erzeugen, indem sie ihn fein abgestimmten Pulsen intensiven Laserlichts aussetzten. "Wir haben einen langlebigen Zustand mit verschwindendem elektrischem Widerstand bei einer Temperatur entdeckt, die fünfmal höher ist als diejenige, bei der die Supraleitung ohne Photoanregung einsetzt", sagt Erstautor Matthias Budden; die Forscher berichten aktuell in "Nature Physics". Die relativ lange Lebensdauer des gemessenen Effekts unter anhaltender optischer Anregung verspreche ein besseres Verständnis der lichtinduzierten Supraleitung bei hohen Temperaturen und ebne den Weg zu Anwendungen in der integrierten Elektronik. 

Kurze Lichtblitze von nachhaltiger Wirkung

"Der Schlüssel zu diesem Erfolg war unsere Entwicklung einer neuartigen Laserquelle, die hochintensive Lichtpulse im mittleren Infrarotbereich mit einstellbarer Dauer von etwa einer Pikosekunde bis zu einer Nanosekunde erzeugen kann", ergänzt Co-Autor Thomas Gebert. Der neue Lasertyp basiert auf der Synchronisation von Hochleistungs-Gaslasern und ihren relativ langen Nanosekunden-Pulsen mit dem ultrapräzisen Rhythmus viel kürzerer Festkörperlaser-Pulse. Die Wissenschaftler sind überzeugt, dass ihre jüngsten Ergebnisse zu weiteren Anstrengungen anregen, eines Tages supraleitende Schaltkreise in integrierten Bauelementen für die Hochgeschwindigkeitselektronik nutzen zu können.

 

(Quelle: Springer Professional)

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