Role Models: Im Portrait Dr. Alla Kasakewitsch

Dr. Alla Kasakewitsch kam von Belarus nach Deutschland. Das berufliche Ankommen war mit Hindernissen verbunden. Durch die Gründung eines Vereins, den interkulturellen Austausch und die Zusammenarbeit mit europäischen Projektpartnern baute sich Kasakewitsch auch ein berufliches Netzwerk. Jetzt ist sie CEO des Startup Soluterials.

Im Jahr 2003 bin ich mit meiner Familie von Belarus nach Deutschland gezogen. Nach kürzester Zeit wurde mir klar: ein Leben in einem neuen Land zu meistern, bedeutet, meine Geschichte auf einem leeren Blatt neu zu schreiben. Hinzu kam die Tatsache, dass alle Menschen, die mir vertraut und bekannt waren, mit denen ich aufgewachsen und Hand in Hand durchs Leben gegangen bin, nicht mehr bei mir sind.

In Belarus habe ich einen Abschluss als Ingenieurin für Werkstofftechnik mit Vertiefung „Pulvermetallurgie und Verbundwerkstoffe“ gemacht und als Wissenschaftlerin gearbeitet. Nach dem Umzug nach Deutschland wurde mir gesagt, es wäre mir nicht möglich in meine bisherige Position zurückzukehren. Da ich jedoch ein engagierter Mensch bin, der seine Hände nicht einfach in den Schoß legen kann, entschied ich mich dazu, mich ehrenamtlich zu engagieren. Das stellte eine der besten Möglichkeit dar, ein Netzwerk zu gründen – ein Netzwerk, welches unglaublich wichtig für die erfolgreiche Integration ist.

Zur Umsetzung anspruchsvoller Aufgaben brauchte ich Mitmenschen um mich herum, die gerne gemeinsam an demselben Ziel arbeiten. Durch Zusammenarbeit entsteht Inspiration, welche das Erreichen des angestrebten Zieles leichter macht. Mich in meinem neuen Land zu integrieren war mein eindeutiges Ziel, eine klar definierte Aufgabe.

Noch im selben Jahr (2003) entschloss ich mich, einen Integrationsverein zu gründen. In diesem befassten sich die Mitglieder mit Fragen rund um die Integration in das Land Deutschland. Diese Integrationsaufgabe hatte für mich eine gleichwertige Bedeutung mit "ein neues Leben aufbauen". Durch meine ehrenamtliche Tätigkeit geriet ich lokal in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit und wurde kurz darauf von einer lokalen Zeitung interviewt.

Ich berichtete von meiner Vision: einen Mathewettbewerb für Kinder aus verschiedenen Teilen der Welt zu veranstalten. Ich war überzeugt, dass Wissenschaft eine Plattform für den interkulturellen Dialog sein könnte. Zu meiner Überraschung stieß der Artikel auf große Resonanz. Innerhalb einer Woche wurde mir eine Stelle an der Technischen Universität Clausthal angeboten. Dies gab mir die Möglichkeit, zu meiner geliebten Wissenschaft, der Materialwissenschaft, zurückzukehren und meinen Doktortitel zu erwerben. Meine ehrenamtliche Tätigkeit begleitete mich dabei.

Im Laufe der Zeit entwickelte sich mein lokales Netzwerk zu einem internationalen Netzwerk. Zusammen mit zahlreichen europäischen Projektpartnern gründeten wir folglich in 2015 Creative Europe EWIV. Und obwohl diese Organisation erst acht Jahre alt ist, arbeite ich mit meinen Projektpartnern bereits seit 2008 zusammen. In 2023 feiern wir eine 15-jährige europäische Zusammenarbeit!


Das europäische Netzwerk besteht aus Menschen unterschiedlicher Berufe und Kulturen. Ich schätze ein solches Team sehr, da es mir die Möglichkeit eröffnet, Dinge aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten.


Als Koordinator europäischer Projekte oder aktuell als CEO des Startups Soluterials, brauche ich einen umfassenden Überblick über Details aus Fachbereichen, mit denen ich mitunter nicht tief genug vertraut bin, um eine wichtige Entscheidung fundiert treffen zu können. Mit Hilfe des Experten-Netzwerks ist es mir jedoch möglich, eine weitgehend objektive und ausgewogene Entscheidung zu treffen, die aus allein meiner Perspektive so nicht möglich wäre.

Zudem sind die Teammitglieder inzwischen zu Freunden geworden, die ich auch privat um Rat bitten kann. Es sind Expertinnen und Experten mit einer soliden Berufs- und Lebenserfahrung. Wenn ich einen Rat benötige, erhalte ich von ihnen aus den verschiedensten Wissenschaften ein Kaleidoskop an Antworten. Dafür schätze ich das Netzwerk sehr.


Grund für die hervorragende Funktionalität des Netzwerks, ist die dort gegebene Balance zwischen Geben und Nehmen, die stets im Gleichgewicht gehalten wird.


Nach meiner Promotion wechselte ich in die Industrie. In eine von Männern dominierte Industrie. Diese Erfahrung zeigte mir, dass der Unterschied zwischen der Arbeit in der Wissenschaft und in der Industrie nicht immer offensichtlich ist. Durch meine Tätigkeit in einer männerdominierten Branche entwickelte ich nicht nur sehr schnell Selbstvertrauen und Durchsetzungskraft, sondern auch eine starke Motivation mein eigenes Unternehmen zu gründen.

Gerade die Werkstoffwissenschaft hat mich gelernt, unvoreingenommen zu sein und meine Aufmerksamkeit auch den kleinsten Details zu schenken - Umstände ganz genau zu beobachten. Winzige Veränderungen in der Struktur von Werkstoffen können zu großen Konsequenzen führen. Wie Sie bereits wissen, stehen Werkstoffe ständig in einer Wechselwirkung mit der Umgebung.

Im Dezember 2020 habe ich das Startup Soluterials mitgegründet. Wir wandeln reines Aluminium in einen reinen Hochleistungsaluminiumwerkstoff "SoluteriAL" ohne Zusatz von kritischen Rohstoffen und Nanopartikeln um. Aufgrund seines einzigartigen Eigenschaftsprofils und seiner unendlichen Anwendungsmöglichkeiten ist SoluteriAL ein wahrhaftig zukunftsweisender Multifunktionswerkstoff.

Mein gesammeltes Verständnis über das Verhalten von Materialien habe ich auf die gesellschaftlichen Prozesse übertragen. Das spiegelt sich in einem neuen ehrenamtlichen sozialen Projekt, welches gerade mit dem europäischen Team durchgeführt wird wider. Gemeinsam versuchen wir die Struktur des Integrationsprozesses zu verstehen und diese in einem Modell zu beschreiben.

Als Projektkoordinator habe ich gelernt, dem Prozess der Interaktion zwischen Menschen zu vertrauen. Koordinator eines großartigen Teams zu sein, bedeutet meiner Meinung nach, einen harmonischen Raum für die Bewältigung von Herausforderungen zu schaffen. Es bedeutet, eine unterstützende Atmosphäre zu schaffen, um ständig wechselnden Aufgaben zu bewältigen. Dazu gehört es auch, mal Fehler zu machen.


Nach meinem Verständnis ist eine Führungspersönlichkeit eine Quelle der Inspiration und ist sich ihrer Verantwortung gegenüber den Menschen und ihrer umgebenden Umwelt bewusst.


 

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