Von der Wissenschaft zum Unternehmen: "Bevor du anfängst zu zweifeln, probiere es aus".

Dr. Alla Kasakewitsch hat erfolgreich mit ihrem Team das Unternehmen Soluterials gegründet. Im Interview berichtet sie ausführlich über den Weg von der Wissenschaft bis in die industrielle Anwendung. Ein ermutigendes Gespräch über das Anfangen und eigenen Ideen Raum zu geben.

The team: Dr. Alla Kasakewitsch, Christina Walch, Uwe Arlic

Data sheet of SoluteriAL

What is new of SoluteriAL

Summary advantages of SoluteriAL

 

Soluterials GmbH

  • Branche: Herstellung von pulvermetallurgischen Erzeugnissen

  • Gründungsjahr: 2020

  • Beschäftigte: 3

 

 


Von der Wissenschaft zum Unternehmertun – Frau Kasakewitsch, was war/ist Ihre Vision und Motivation, dass Sie diesen Weg gegangen sind?

Meine Vision für die Gründung eines eigenen Unternehmens war und ist die Welt zu einem besseren und sicheren Ort zu machen, mithilfe von der Erfindung, die es wirklich dazu beiträgt. Einen nachhaltigen Werkstoff auf den Markt zu bringen, der eine neue Welt der metallischen Werkstoffe eröffnet. Die Motivation war und ist das Anwendungspotenzial der Forschungsergebnisse in der Praxis zu verifizieren.


Sie haben Hochleistungsaluminiumwerkstoff "SoluteriAL" miterfunden. Welche Besonderheit zeichnet diesen Werkstoff aus?

Die Besonderheit des Werkstoffes »SoluteriAL« ist seine Kombination der Vielfalt. Es ist die Kombination der technischen Eigenschaften, Wirtschaftlichkeit und Umweltfreundlichkeit. Auf technischer Ebene, kombiniert SoluteriAL hohe Festigkeit mit bis zu 450 MPa mit einer sehr hohen Leitfähigkeit, Korrosionsbeständigkeit und Hochtemperatureinsatz bis zu 500°C. Und für die Fachwelt: es ist das erste kriechstabile Aluminium!

Die Wirtschaftlichkeit zeigt sich nicht nur im marktüblichen Preis und den enormen Einsparungen in der Produktion – nicht nur bei uns, sondern auch beim Kundeneinsatz. Es beginnt bei unserer Produktion, einem 1-stufigen Fertigungsverfahren, und setzt sich bei den Kunden durch, durch z.B. eine unglaublich gute Bearbeitbarkeit und dem gleichzeitigen Wegfall jeglicher Wärmebehandlungen, zwecks Einstellung und Erhaltung von Eigenschaften. Dies bringt enorme Ersparnisse.

Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit erhalten bei SoluteriAL völlig neue Bedeutungen. SoluteriAL ist und bleibt ein reines Aluminium, ohne jegliche Legierungselemente oder Additive. Das bedeutet, die  Abhängigkeit von Ressourcen fällt weg bzw. reduziert sich auf ein absolutes Minimum. In »SoluteriAL« sind keinerlei Magnesium, Silizium oder seltene Erdmetalle drin. Es ist reines Aluminium, da ist nichts außer Aluminium zu finden. Die Herstellung erfolgt rein mechanisch, ohne Einschmelzen, ohne Gasen. Wir brauchen nur Strom, gerne aus einer nachhaltiger Quelle.


Welche Schritte benötigte es, um von der Wissenschaft in die Industrie zu gehen? 

Der Ursprung der Idee, die Materialeigenschaften voneinander zu entkoppeln, liegt in meiner PhD. Aber daraus ein marktfähiges Produkt zu generieren nicht, dies war mir zum damaligen Zeitpunkt noch nicht möglich. Ein marktfähiges Produkt bedeutet für mich, einen Werkstoff in einer marktrelevanten Menge und zu einem marktakzeptablen Preis herzustellen und auch absetzen zu können. Letztendlich ist ein Produkt dann zeitgemäß, wenn der Markt es braucht.

Zwischen der Wissenschaft und meinem eigenen Unternehmen machte ich einen Zwischenstopp in der Industrie. Es war eine wertvolle Zeit, in der ich viele Erfahrungen sammeln und ein berufliches Netzwerk auf-/ausbauen konnte. In dieser wertvollen Zeit habe ich erkannt, dass meine wissenschaftlichen Interessen den Interessen der Gesellschaft/Industrie entsprechen.

Durch die Teilnahme an unterschiedlichen Fachveranstaltungen habe ich immer wieder Diskussionen verfolgt, mit dem jeweils gleichen Thema: Das Werkstoffe „von heute“ nicht genug können. Bei der Auswahl eines Werkstoffes müssen immer Kompromisse eingegangen werden. Der Fokus wird meist (zwangsweise) auf eine Eigenschaft gelegt und der Verlust von weiteren Eigenschaften wird damit automatisch in Kauf genommen - weil es eben anders nicht möglich ist. Zu dem damaligen Zeitpunkt fing es in meinem Bauch an zu kribbeln, denn ich hatte die Lösung bereits in meiner Schublade, sie musste nur noch realisiert und industrietauglich skaliert werden.

Diese Gedanken teilte ich mit meinem ehemaligen Studenten, und heutigen Kollegen, Uwe Arlic. Uwe begriff meine Idee nicht nur sofort, sondern er transformierte sie weiter. Es war seine Idee, wie der Ursprung-Werkstoff auf Industrieebene produziert werden und somit zu einem marktfähigen Produkt werden könnte. Hieraus entstand unsere Geschäftsidee.

Im Rahmen der Qualifizierung unserer Geschäftsidee begannen wir einen regen Austausch mit der Industrie, insbesondere innerhalb unseres beruflichen Netzwerks. Wir erfuhren, wie viele Herausforderungen eliminiert würden, wenn unser Werkstoff zum realen Einsatz kommen würde. Konkrete Bestätigungen erhielten wir zunächst aus den Branchen Laboranalytik, Telekommunikation und Luftfahrt. Schnell aber sammelten wir auch branchenübergreifend entsprechende Statements ein. Und so begannen wir unsere geschäftliche Reise.

Dies war der Zeitpunkt an dem unsere heutige Kollegin Christina Walch als Businesspart dem Team beitrat und uns seither mit ihren Kompetenzen ergänzt. Christina begann den Markteintritt vorzubereiten, indem sie das Geschäftskonzept ausarbeitete. So entstand z.B. aus der Kombination der Wörter „Solution for Materials“ unser heutiger Firmenname "Soluterials". Folgerichtig gaben wir unserem Aluminium-Werkstoff seinen Namen "SoluteriAL" - er ist in der Tat ein wirklicher Problemlöser, der "out-of-the-box-thinking" ermöglicht.

Nachdem Durchführung unserer Bedarfsanalyse und Priorisierung wurde uns schnell klar, dass wir finanzielle Unterstützung brauchen. Hier konzentrierten wir uns zunächst auf Europäische Förderungen, die sich an Start-Ups aus dem Bereich "DeepTech" bzw. "Advanced Materials" richten. Und dies zahlte sich aus. Im Mai 2022 gewannen wir den Award "EIC WomenTechEU", der mit einer Förderung verbunden war. Dies half uns die Geschäftsidee zu schärfen und unseren Patentschutz zu erweitern sowie die Lizenzvergabe vorzubereiten. Zusätzlich führte die Zeit des Übergangs von der europäischen Förderperiode 2014 bis 2020 zu 2021 bis 2027 und der damit verbundenen neuen Ausrichtung der nationalen Förderungen in Kombination mit der Corona-Pandemie zu einem Vakuum. Die Beantragung von Fördermitteln war teilweise schlicht nicht möglich oder die Bescheidungen dauerten ungewöhnlich lange (so warteten wir auf einen Bescheid anstatt der avisierten zwei Monate ganze sieben Monate und auch die Auszahlung zog sich dann weitere sechs Monate hin – insbesondere bei einer nachschüssigen Förderung für ein junges Unternehmen sehr ärgerlich).

Gleichzeitig mussten wir feststellen, dass ein junges Unternehmen auch dadurch in der Beantragung der Fördermittel sehr limitiert ist, als dass viele Förderungen nachschüssig sind, die Rechnungen also ausgelegt werden und ein Abruf erst im Nachgang möglich ist. Insbesondere für Start-Ups, die am Beginn ihres Geschäfts sind und nur über begrenzte finanzielle Ressourcen verfügen, ist dies ein sehr hohes Hindernis. Und dies ist nur ein Beispiel von diversen Hindernissen – von der Bürokratie und dem verbundenen Arbeitsaufwand für die Beantragung und späteren Abrechnung, der zum täglichen Geschäftsaufbau hinzukommt, gar nicht erst zu sprechen. Wir wünschen uns, jungen Start-Ups, einen realen Zugang zu Förderungen, die insbesondere auch die anfänglich begrenzten finanziellen Ressourcen berücksichtigen.


Welche persönlichen Kompetenzen braucht es, um erfolgreich eine Idee von der Wissenschaft bis in die industrielle Anwendung zu führen? Kann jede*r zum Unternehmer*in werden?

In meinen Augen spielt ein Mix aus unterschiedlichen Kompetenzen eine wichtige Rolle. Es gibt so viele Unternehmen und jedes Unternehmen hat und hatte zumindest einen Gründer, der sich in der Regel schnell verlässliche Kompetenzen in sein Team holte, um sein Unternehmen so auf eine solide Basis zu stellen. Ganz in diesem Sinne zeichnet sich unser Team von lebenden Unterschieden aus – es darf ab und an auch mal »krachen«. Wichtig ist, dass jeder stets respektvoll und konstruktiv bleibt, und dies schaffen wir jedes Mal.

Sehr hilfreich sind für mein Verständnis auf jeden Fall folgende Kompetenzen:

  • Fähigkeit ein Team aufzubauen – Kompetenzen zu erkennen und Vertrauen in die Personen zu setzen,
  • Offenheit für Diskussionen und andere Meinungen/Sichtweisen,
  • Fähigkeit den Menschen um sich herum wirklich zu zuhören und auf diese zu hören,
  • Entscheidungen zu treffen
  • Prioritäten zu setzen und
  • sowohl kurzfristige als auch langfristige Ziele zu sehen und zu fokussieren.

Sie sind CEO von Soluterials. In Ihrem Alltagsgeschäft mit Firmenkunden – ist es leichter oder schwerer sich als Frau in der Industrie zu behaupten?

Ich bin es gewohnt, Fakten als Ressourcen zu betrachten. Ich bin eine Frau - das ist meine Ressource, mit all ihren Nach- aber auch vielen Vorteilen.


Welchen Ratschlag und/oder Entscheidungshilfe möchten Sie Interessierten und im Speziellen Frauen mitgeben, die mit der Idee spielen, ein Startup zu gründen?

Bevor du anfängst zu zweifeln, probiere es aus.

Bilde ein Team und werde aktiv!

Fang an, es zu tun, Deine Idee zu verwirklichen - nur so findest Du heraus, ob es das Richtige für Dich ist.

Videobeitrag Soluterials

 

Vielen Dank Frau Kasakewitsch für das spannende und ausführliche Interview. Wir wünschen Ihnen und Ihrem Team alles Gute für die Zukunft. 

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